Zu Donald und den drei kleinen Neffen sagte Onkel Dagobert eines Abends bekümmert: „Ich werde nicht in den VERY VIP's-Club eingeladen, weil ich kein StatusSymbol besitze, seufz. Was ist das überhaupt?“
„Du mußt etwas Einzigartiges besitzen, was niemand sonst hat,“ erklärten ihm die drei kleinen Neffen wie aus einem Schnabel. „Warum?“ fragte der Onkel naiv. „Weil du durch das Symbol selbst etwas Einzigartiges wirst.“ „Ich bin doch die reichste Ente der Welt.“
„Du bist nur soundsoviel mal reicher als irgendjemand sonst,“ meine Tick respektlos. „Du befindest dich lediglich auf der obersten Position einer Ratioskala. Deine Position ist quantifizierbar, folglich nicht unvergleichlich und daher nicht einzigartig,“ dozierte Trick. „Sie können dich einholen,“ sagte Track kühl, „geldmäßig.“ „Einholen?“ der Onkel erbleichte. „Was kann ich tun, Kinder?“ „Du mußt dir ein berühmtes Gemälde zulegen!“ erklärten die drei weltklugen Neffen, „sowas wie die Mona Lisa.“ So kam es, daß Onkel Dagobert bei Leo Castelli anrief, den er auf irgendeinem Ledersofa kennengelernt hatte. Der New Yorker Galerist sagte, da Vincis seien ausverkauft, aber er könne ihm Andy Warhol empfehlen, der auch sehr gut sei. Also machte sich Onkel Dagobert zu Warhols „factory“ auf. Er hatte beschlossen, sich sein Portrait malen zu lassen. Denn er wollte nicht ein geniales Bild von irgendwas besitzen. Würde er nämlich selbst darauf zu sehen sein, hatte er sich ausgedacht, dann wäre das Gemälde als Statussymbol für alle Zeiten untrennbar mit seiner eigenen Person verbunden. Durch die Unvergleichlichkeit des Gemäldes würde Dagobert Duck als sein Besitzer nicht nur zu Lebzeiten die höchststehende Ente werden, sondern darüber hinaus würde er als gemalter Besitzer in die Ewigkeit eingehen. Wer immer das Gemälde einmal erbte und durch dessen bloßen Besitz zu Status käme: Mr. Mc Duck's Status klebte an dem Gemälde fest. „Ich möchte mir von Ihnen, Meister, ein Statussymbol malen lassen,“ krächzte Duck, als er hereinwatschelte „mein Portrait!“ Warhol grinste auf die gewisse New Yorker Art und ersetzte „Statussymbol“ höflich durch den vornehmeren Ausdruck „Aura". „Aura? Was ist das?“ fragte der Onkel, denn er hatte, um die vielen Dollars zu machen, in der Schule häufig fehlen müssen.
„Eine Aura“ erklärte der Künstler, „ist etwas, das nur andere sehen können … Alles spielt sich ausschließlich in den Augen der anderen ab …“ Als Duck nicht kapierte, sagte er: „Neulich war ich mit meiner ganzen Belegschaft zum Abendessen. Die Leute vom Büro nehmen mich nicht sonderlich ernst, weil sie mich kennen und mich jeden Tag sehen. Aber dann war da noch so ein netter Freund, den einer mitgebracht hatte. Dieser Junge hatte mich noch nie gesehen und konnte es kaum fassen, daß er mit mir zum Abendessen aus war! Die anderen sahen alle mich, er aber sah meine Aura.“
„Aaah,“ sagte Dagobert, „verstehe. Okay, ich nehme die Aura". Andy Warhol musterte die Ente aus seinen entzündeten Augen. „Ich kenne niemanden, von dem ich nicht sagen könnte, sie oder er sei schön … Ich habe noch nie ein häßliches Tier gesehen.“ Da seufzte der Onkel erleichtert. Castelli hatte ihm einmal das Bild von Liz Taylor gezeigt, und verglichen mit Liz Tayler, das mußte er zugeben. Er fragte den Maler, wann er zum „Sitzen“ kommen solle. Warhol sagte, er würde ihn nach einem Comic malen. Als Mr. McDuck den Maler nach einer Woche wieder besuchte, fiel ihm sofort sein Konterfei ins Auge. Aber nicht nur einmal, sondern 30 mal. Außerdem waren alle Portraits quadratisch. „Ich habe nur eins bestellt, ein rechteckiges!“ rief der Onkel. „Ich denke immer,“ erklärte Andy höflich, „daß die Quantität in jedem Fall der beste Maßstab ist … Alles Meisterwerke, weil es immer das gleiche Bild (ist). Ich male gerne auf einem quadratischen Format … Ich glaube nämlich, daß jedes Bild dieselbe Größe und dieselbe Farbe haben sollte, damit sie alle austauschbar sind …“ „Austauschbar?“ rief Duck entsetzt. „… und keiner mehr denkt, er hätte ein besseres oder ein schlechteres Bild …“ „Dieser Castelli hat mich reingelegt", dachte Onkel Dagobert und starrte auf seine grünen Knöpf-Gamaschen. „Und wenn das eine Meisterwerk gut ist, dann sind alle gut,“ sagte Andy zufrieden und rückte seine weiße Perücke zurecht. Onkel Dagobert erklärte mit dem Stöckchen fuchtelnd, er habe ein exklusives Original bestellt, nicht was zum Verwechseln.
„Je gleicher etwas ist, desto amerikanischer ist es auch,“ korrigierte Warhol ihn nachsichtig und schlug Mr. McDuck allen Ernstes vor, doch alle 30 Bilder zu kaufen, wenn er nicht wolle, daß auch andere in den Besitz seines Portraits kämen. Und dann erklärte Andy dem Onkel, sein Wunsch, etwas Einzigartiges zu haben und zu sein, sei ganz unamerikanisch, um nicht zu sagen europäisch. Einzigartigkeit sei undemokratisch. Denn es bedeute anders sein zu wollen als die anderen. In Amerika sei man entweder gleich oder mehr. Wenn man mehr sei, lasse man den übrigen das Gefühl, sie könnten einen einholen. Das sei dann bloß eine quantitative Frage.
„Ich bin ein 255-Trillionen-Taler-und-12-CentsMann,“ rief Duck und reckte unternehmerisch den Bürzel. Er fühlte sich auf einmal gut amerikanisch, denn er dachte daran, wie er sich vom Tellerwäscher zur reichsten Ente der Welt usw. Aber was nützte ihm das, wenn er kein Statussymbol besaß? Und Kunst war ein Statussymbol! Doch nun schuf der Künstler der statustollen Ente einen bahnbrechenden Ausweg. Als er ein Coca eingenommen hatte, entließ er aus dem Gehege seiner Zähne ein epochales Wortgeflügel: „Ein gutes Business ist die faszinierendste Kunst überhaupt.“ (Wow!) „Wie, liebster Meister?“ unterbrach ihn Mr. McDuck ganz aus dem Häuschen, „Dann wäre ich ja selber …“ Warhol nickte und schob sich einen Honigbonbon in den Mund. „… und da ich der weltbeste Businessmann bin, bin ich auch …“ schrie die Ente außer sich vor Statusbegeisterung. Blitzschnell hatte der versierte Kapitalist die wichtigsten Folgerungen gezogen: 1) er selber war der größte lebende Künstler 2) er hatte den größtmöglichen Status, 3) er würde einen Haufen Geld sparen, denn er brauchte weder 30 noch auch nur ein einziges Portrait zu kaufen und 4) würde er den Kindern ihre verdammten europäischen Flausen aus dem Kopf jagen. „Tausend-, nein, hundert Dank, Meister!“ rief Uncle Scrooge und schoß ins Geschäftsleben zurück. Daß Mr. McDuck die Sache derart genau nehmen würde, hatte Andy nicht gedacht. Doch genau sind sie, die großen Künstler.