The Double Agent
Between Artists, Museums and Art Criticism: Konstantin Adamopoulos is a Freelance Curator
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Published in: Frankfurter Rundschau
Der Doppelagent
Zwischen Künstler, Museen und Kunstkritik: Konstantin Adamopoulos ist freier Kurator
Er wohnt zwischen piepsenden, schnarrenden und tackernden Kommunikationsapparaten in einem pittoresken Hinterhaus mit Blick auf seine Ausstellungshalle, einen 40 Quadratmeter kleinen Fachwerkschuppen. Dort treffen sich zu den Vernissagen Künstler, Kuratoren und Kunstjournalisten: Konstantin Adamopoulos, geboren 1960, ist ein Vertreter der relativ neuen Profession des freien Kurators. Neben jungen Kunsthochschulabsolventen stellt er in der Schulstraße 48 oft schon früh Künstler vor, die später oft stark diskutiert werden, wie etwa Thomas Hirschhorn. Liebenswürdig, aufmerksam und bis zum Umfallen geduldig, ist er einer von etwa 20 Ausstellungsmachern in Frankfurt, die ohne festes Anstellungsverhältnis arbeiten und das freie Kuratieren vorziehen. Er hat Philosophie und Kunstgeschichte studiert, doch "die adäquate Qualifikation ist Praxisnähe".
Seit der damals blutjunge Hans-Ulrich Obrist Anfang der neunziger Jahre eine Ausstellung mit Fischli/Weiss in einer Küche veranstaltet hat, schiebt sich der Typus des freien Kurators zwischen das herkömmliche Auswahlsystem – Museen, Galerien, Kunstvereine und -kritik – und die Künstler. Anders als für den kunden-orientiert arbeitenden "Art-Consulter", der in Konkurrenz zu Galerien Geschäftshäuser mit Kunst bestückt, ist der Verkauf für ihn kein primäres Anliegen.
Der "Innovationsdruck", sagt Adamopoulos, mache es notwendig, an die Künstler näher heranzukommen. Das Whitney-Museum zum Beispiel beschäftige bei Ausstellungen außer festen auch freie Kuratoren, von denen man erwarte, dass sie das Neueste aus Praxis und Diskurs als Zusatzinformation liefern. Die Qualifikation des freien Kurators sei weniger eine wissenschaftliche – die festen Kuratoren seien "promovierter" – als eine praktische: Vertrautheit. Die Künstler, so Adamopoulos, verhielten sich gegenüber dem freien Kurator, der "nicht in den Funktionen klemmt", unbefangener als gegenüber den Institutionen: "Die Künstler wollen nicht immer Endprodukte zeigen. Der institutionelle Kurator bekommt von ihnen nur institution-sadäquate Informationen. Bei frei kuratierten Ausstellungen hingegen trauen sich die Künstler, Dinge zu zeigen, die sie sonst nicht zeigen würden, weil sie befürchten müssten, zu schnell in eine K.-o.-Rezeption zu geraten." Auch bereits etablierte Künstler, die alle Karrierestationen bis zum New Yorker Museum of Modern Art durchlaufen hätten, seien daran interessiert, ihre Arbeiten außerhalb der Institutionen in neuen Konzepten, an neuen Orten und zusammen mit den aktuell diskutierten Kollegen auszustellen. Dadurch gewännen die Arbeiten an Frische.
Modellhaft, so Adamopoulos, der zwischen März 1998 und Frühjahr 2000 auch als künstlerischer Leiter der ak Galerie fungierte, ließen sich zwei Kuratoren-Typen unterscheiden: Der eine "erschnuppere" ein interessantes Thema und wähle Künstler oder deren Werke aus, die dieses Thema als tatsächlich zeitrelevant belegen könnten. Er habe ein Konzept mit quasi-künstlerischem Anspruch. Das Interesse dieses Kuratortyps richte sich vornehmlich auf Ausstellung und Öffentlichkeit. Inzwischen wisse man, dass eine Ausstellung außer den Werken auch sich selber zeige. Hans-Ulrich Obrist zum Beispiel "stellt eigentlich Ausstellungen aus". Ausstellungskonzepte als Werk? Genau.
Für den zweiten Typus, dem sich Adamopoulos zurechnet und der in Frankfurt überwiege, sei die Ausstellung "ein Nebenprodukt". Er habe, sagt er, sozusagen die Funktion eines Doppelagenten. Einerseits spiele er die Rolle des "Vorkosters" und andererseits die der "Amme". Für die Institutionen sei er der "Kundschafter", der Stunden in Ateliers verbringe. Für die Künstler, zu denen er ein besonderes Vertrauensverhältnis habe, sei er der Zuredner, der Tutor, aber auch der advocatus diaboli, der die jungen Künstler kritisch herausfordere. Er versuche zu ihrer Entwicklung beizutragen, ihre Arbeit zu begleiten und ihnen auf die Sprünge zu helfen.
Sein Interesse sei langfristig, entwicklungs- und weniger ausstellungsbezogen. Bei aller persönlichen Involviertheit halte er eine gewisse Distanz, einen Vorbehalt, der es ihm ermögliche, auch den anderen Part des Doppelagenten zu übernehmen. Die ökonomische Dimension werde bei der inhaltlichen Arbeit ausgeblendet, komme aber herein, wenn sich eine Ausstellung als innovativ erweise und rufbildend wirke, etwa Preise, Stipendien, Berufungen zur Folge habe. Und natürlich auch durch den Verkauf, der jedoch "nicht der Zweck einer Ausstellung" sei.
Wovon leben Sie? "Ich bekomme Prozente." Adamopoulos schreibt, macht Kataloge, ist in Beratergremien. Er arbeite nicht alternativ, sondern parallel zu den Institutionen. Er versteht sich als notorisch neugieriger, kritischer Hermeneut, der sich persönlich einlässt. Prämisse der Zusammenarbeit mit den Künstlern, aber auch mit anderen Kuratoren sei ein Konsens darüber, dass Kunst in der Gesellschaft eine innovative Funktion habe. Ein Ferment? Ja, und "ein Landeplatz für Engel".
Vom 3. bis 22. Oktober 2000 zeigt Adamopoulos in der Galerie ak, Gartenstr. 47, Arbeiten von Frankfurter und Dresdner Kunststudenten unter dem Titel "dynamo.eintracht".