Das letzte Stück Potsdamer gehört nun Dagobert Duck. Zufrieden ein Gläschen Mineralwasser schlürfend jettete die reichste Ente der Welt von Berlin nach Ducks City, nicht ohne einen Zwischenstop in Frankfurt einzulegen. Denn Onkel Dagobert mag diese Baby Metropole, deren Hochhäuschen ihn an Zuhause erinnern.
Da ist allerdings alles viel größer. Außerdem hatte er hier ein Hühnchen mit seinen Leuten zu rupfen. Gesenkten Blickes versammelten sich die Banker im rechten Turm links oben, von wo man die schönste Aussicht auf alle Immobilien hat. Sie ahnten, daß ihnen etwas blühte. Die interkontinentale Finanzente ist sehr direkt. Mr. McDuck kommt ohne Zickzack zur Sache: „Wer von euch hat Bankrotteur Schneiders unbezahlte Handwerkerrechnungen ,p e a n u t s' genannt?“ Schweigen im Turm.
„Weeerrrrr war das?!“ schrie der Oberboss. Der Zorn hatte ihn von den Beinen gerissen, sein weißer Bürzeler schien über dem Zylinder, er flog vor Wut und hielt sich am Rednerpult gerade noch mit den Händen fest.
„Ich“, flüsterte endlich der dicke Kopper mit rotem Kopf. „Sie“. brüllte M.r. McDuck mit gesträubten Federn, und der Wutschweiß spritzte bis in die dritte Reihe der versammelten ehrenwerten Gesellschaft, „vergleichen unsere sauerverdienten Zinsgroschen mit Erdnüssen. als hätten wir zu viele davon?“ „Aber ich habe doch nur die Wahrheit gesagt, Herr-Duck!“ suchte sich der Banker treudeutsch zu entschuldigen. „Die Wahrheit! Die Wahrheit! Ts!“ Kopper wurde Filialleiter in Bockenheim.
Nach gekühltem Mütchen watschelte Onkel Dagobert zufrieden über die Zeil, wo die Armen vor den Kaufhäusern sitzen. Sie haben Pappschilder vor sich, auf denen steht: „Obdachloser bittet um eine kleine Spende. Danke!“ Oder „Bin obdachlos und habe Hunger.“ Oder „Betteln ist besser als stehlen.“ Und, falls der Arme einen Hund hat: „Zwei arme Hunde bitten um eine milde Gabe.“ Durch einen geübten Blick in die Hüte, Pappbecher und Büchsen kam Onkel Dagobert zu der Überzeugung, daß er hier vielleicht ein paar „Talerchen fangen“ könnte. So nannte er das Freizeitvergnügen, das ihn an seine Kindheit erinnerte, als er mit Oma Duck Schmetterlinge gejagt hatte. Noch immer waren Taler im Umlauf! Noch immer waren nicht alle in seinem Tresor!
Kaum hatte Onkel Dagobert vor einer schönen Parfümerie Platz genommen und seinen Zylinder in Stellung gebracht, als auch schon Herr Douglas fuchtelnd aus seinem Laden stürzte: „Das fehlt mir gerade noch“, schrie er, „daß sich ungewaschene Enten vor mein Geschäft setzen und mir meine Kunden vertreiben!“
Pech für den Duftwassermann, daß er nicht wußte, wen er da vor sich hatte.
„Helena, das ist doch Dagobert Duck, wenn ich nicht irre“, sagte der elegante Christian Dior zur alten Helena Rubinstein. „Ganz recht, lieber Christian“, erwiderte die Rubinstein, „ich habe ihn sofort erkannt. Ich fürchte für den armen Douglas das Allerallerallerschlimmste!“
Und so kam es.
„Erstens“, sagte der Große Onkel mit vereistem Schnabel zu Mr. Douglas, „sitze ich hier auf meinem eigenem Grund und Boden, wie sie sich beim Grundbuchamt überzeugen können, Telefon 1 36 70 1. Zweitens kündige ich hiermit ihren Mietvertrag. Guten Tag.“
Kaum fünf Minuten waren vergangen, als die erstaunten Passanten einen feingekleideten Herrn vor einer Ente knien sahen. Die japanischen Touristen fotografierten das Schauspiel als Höchstform deutschen Kundendienstes: Onkel Dagobert, der überall kurzen Prozeß macht, hatte wortlos seinen Zylinder vor den Parfümeur gestellt. Und der verstand.
„Sieh dir das an“. brummte Ruhrpottkalli zu Fettbacke, seinem Kumpel. „Der Süßstinker wirft dieser alten Ente einen Blauen nach dem anderen in den Hut! Kapierst du das?“
„Klar“, meinte Fettbacke, der sich in Comics ein bißchen auskannte, „das ist doch Onkel Dagobert. Bei dem landet alles Geld wie von selber.“
„So ist es“. pflichtete der elegante Christian bei, und Helena nickte betrübt angesichts eines Schauspiels, das unmißverständlich vor Augen stellte. daß „Dior“ und „Rubinstein“ neben „Duck“ eben nur verschwindend kleine Namen sind.
Obwohl das „Talerchenfangen“ zufriedenstellend verlaufen war, ärgerte den Onkel doch ziemlich. daß Herr Douglas ihn so respektlos behandelt hatte. Am selben Abend rief er darum den Oberbürgermeister an und erklärte ihm in bekannter Deutlichkeit. daß er, Herr Duck, wenigstens 200 (in Worten: zweihundert) Geschäftsbanken aus Frankfurt
abziehen werde, wenn der Magistrat nicht sofort undsoweiterundblabla.
Dem Oberbürgermeister fiel das Kinn auf die Brust, die Zigarettenspitze aus dem Mund und der Aschenbecher auf den Teppich. Als welterfahrener Mann sagte er sofort zu. Denn er sah sich einer Standort-Drohung des Größtkapitals gegenüber.
Der Deal ging so: um ein für allemal für jedermann klarzustellen, wie die Eigentumsverhältnisse in Little Big City liegen, würde die Hauptwache in „Dagobert-Duck-Platz“ umbenannt werden. Die Zeil werde künftig „Großer Entengraben“ heißen, die Kaiserstraße „Duckallee“, der Börsenplatz „Platz des Talers“. Das Theater sollte den Namen „Dagobertinum“ tragen. Wenn nicht, dann ... ! Nie wieder sollte irgendein Parfümeur es wagen, Mr. Duck eine „ungewaschene Ente“ zu nennen!
Onkel Dagobert hatte in Frankfurt durchgegriffen. Die Banker waren wieder auf Kurs und auch der Oberbürgermeister parierte. Der Welt größter Grundeigentümer, Hochhausbesitzer und Mietherr schlenderte gutgelaunt
in Richtung Eschenheimer Tor. Nicht weit dahinter, in der Bockenheimer Anlage, wollte er übernachten. (Denn im Oberconti war es ihm zu teuer geworden, seitdem das Hotel zu „Duck International“ gehörte; vgl. LOBBY Nr. 4/95.)
Als der Onkel vor dem Schlafengehen noch einmal aus seinem Zeltlein zu den Sternen hinaufsah. dachte er: „Was da oben für schöne Immobilien sind! Ich werde expandieren müssen!“ Hier unten war nämlich fast alles
seins. Dann schlief er ein und fiel in talerduftige, zasteröse Träume.