Sein Name ist Hase

Über Sinnbilder, Kunstwerke, Anarchie und Auferstehung

Joseph Beuys, unter den deutschen Künstlern der große Zauberer, der Alchemist, der alles in alles verwandelte, liebte den Hasen als Symbol so sehr, dass er sich selber einen Hasen nannte und den Hasen sogar als Kühlerfigur auf seinen Bentley setzte. Für ihn, der eine Partei der Tiere gründete, zu deren Mitgliedern außer den Hasen und Elefanten auch Engel gehörten, war der Hase das Symbol der Umwandlung und des Neubeginns. Beuys war sich der Fruchtbarkeitssymbolik, welche den Hasen zum Osterhasen macht, sehr wohl bewusst. So behauptete er etwa vieldeutig, "ein toter Hase könne mehr für die Umwandlung der Gesellschaft bewirken als eine Theorie". Gemeint war die Marxsche Theorie, welche in den 60er und 70er Jahren von den Studenten auf alles und jedes angewandt wurde; Marx passte immer.

Warum Osterhase? Warum nicht Osterfuchs? Kein Witz, im Hannoverschen brachte einst der Fuchs die Eier; sie hießen Vosseier. Und in der Rhön und Thüringen der Storch, der ja die Wickelkinder bringt. Woanders der Kuckuck. In Tirol das Huhn. Weil diese Alpenbewohner unverbesserliche Realisten sind. Und was ist mit den Ostereiern? Überall in der Welt wurde das Ei als Keimzelle des Lebens erkannt: Es ist ein Fruchtbarkeitssymbol, das jeder versteht. Darum die Sitte, dass die Verliebten sich mit Eiern beschenkten. An Ostern feiert die Christenheit die Auferstehung Jesu. Der Kirchenlehrer Ephram bezieht das Ei auf die Auferstehung: "Gleich einem Ei springt das Grab auf", Ostern ist der Sieg des Lebens über den Tod. Es ist das christliche Frühlingsfest, das die Kirche den vorchristlichen Frühlingsfesten angepasst hat.
Ja, und der Hase? In England gilt der Märzhase - und Ostern fällt ja dann und wann in den März - als Inbegriff der Liebestollheit. Er ist für die Insulaner das Urbild aller Verrücktheit, weshalb sie sagen, jemand sei "mad as a marchhare". Aber auch im Deutschen hat der Hase einen kleinen Klaps. Im berühmten Wörterbuch der Gebrüder Grimm findet man unter "Hasenpfeil": "Pfeile, die zum verliebten Thoren machen", "Hasenfuszig", "hasenhaftig" und "hasierlich" bedeuten allesamt "närrisch". Im 16. Jahrhundert gab es Sprüche folgender Art: "es ist aber haserei ein solch gebrechen, der zu entspringen pflegt fürnemlich im hirn." Und: "sobald er einen trunk empfeht (empfängt), hasieret er und lacht."
Johann Friedrich von Flemming hat 1749 ein unter Kennern hoch geschätztes Buch "Der vollkommene teutsche Jäger" verfasst, in welchem er über den Hasen das Folgende zu berichten weiß - hier in der urigen Schreibweise: "Dieses wohlbekannte Thierlein hat GOTT sonderlich gesegnet, dass es sich des Jahres vielmahl vermehret, weil es sonst die vielerleyen undenklichen Nachstellungen derer Menschen, Raub-Tiere und Raub-Vögel schon längst ausgerottet hätten." (Es muss hier gesagt sein: der lepus vulgaris ist nach den neuesten Berichten inzwischen tatsächlich vom Aussterben bedroht.) Und weiter: "Wann es sein Leben lassen muss, kann es sehr kläglich schreyen und erbärmlich um Huelfe ruffen. Ist ein furchtsames trauriges Thierlein, bekommt auch zuzeiten die Pocken, ja offt von grosser Geilheit (hört! hört!) die von ihm so offte getrieben wird, wohl gar die Franzosen." Im Ernst? Die "französische Krankheit", die den armen Casanova so oft geplagt hat? "Im Frühjahr so es halbwege Wetter ist, lauffen die Hasen nach der Häsin etliche Meilweges herum, suchen die Häsin und riechen ihr nach, rammeln mit grosser Begierde, dass offt hinter einer Häsin drey bis vier Rammler lauffen... Die Häsin ist eine untreue Mutter, lässet ihre Jungen nicht über sechs Tage saugen, dann verläst sie dieselben und läufft aus grosser Geylheit (sieh an!) dem Rammler wieder nach, welcher die Jungen, wann er sie frisch findet, auffrist, damit er die Häsin wiederumb zur Geylheit brauchen möge."
Das also sind die Familienverhältnisse des Hasen. Und auch des Osterhasen! Tiervater Brehm bestätigt von Flemmings Feststellungen mit etwas dezenteren Worten: Die Häsin verlasse ihre Kinder nach wenigen Tagen "neuer Genüsse halber". Den prüden Christen des Mittelalters war der Hase das Sinnbild von Liebesgier und Laster. Goethes Christiane schrieb an ihren Liebsten: "Aus lauter Hasigkeit" möchte sie "ein Wägelchen nehmen und mit dem Bübechen zu Dir fahren." Honny soit qui mal y pense. Sagt man(n) nicht auch heute: "Ich bin verrückt nach ihr?"
Der Hase ist also wie das Ei ein Fruchtbarkeitssymbol, und zwar in vielen Kulturen. Da der Hase in allen geografischen Breiten und unter allen Klimaten lebt - oder besser lebte - und seine Hasigkeit gerade um Ostern herum in aller Öffentlichkeit am wildesten austobt, liegt es nahe, dass er irgendwann mit den Ostereiern zusammengebracht wurde. Der Osterhase mit dem Korb voller Ostereier ist ein Symbolkonzentrat. Die Fastenzeit hört auf, und alle bekommen zu Recht Frühlingsgefühle. Übrigens lebt die Hasigkeit in den Ausdrücken Ski- und Betthäschen weiter. Und die Mädchen vom Playboy sind bekanntlich keine Miezen, sondern "Bunnys": Häschen. Dass die Osterhasen sehr anmutige, durchaus erotische Tiere sind, mag ein Bild aus dem "Hasenbuch" belegen, dem berühmten von Edmund von Freyhold illustrierten und von Christian Morgenstern mit Versen versehenen Kinderbuch aus den 20er Jahren. Joseph Beuys, unter den deutschen Künstlern der große Zauberer, der Alchemist, der alles in alles verwandelte, liebte den Hasen als Symbol so sehr, dass er sich selber einen Hasen nannte und den Hasen sogar als Kühlerfigur auf seinen Bentley setzte. Für ihn, der eine Partei der Tiere gründete, zu deren Mitgliedern außer den Hasen und Elefanten auch Engel gehörten, war der Hase das Symbol der Umwandlung und des Neubeginns. Beuys war sich der Fruchtbarkeitssymbolik, welche den Hasen zum Osterhasen macht, sehr wohl bewusst. So behauptete er etwa vieldeutig, "ein toter Hase könne mehr für die Umwandlung der Gesellschaft bewirken als eine Theorie". Gemeint war die Marxsche Theorie, welche in den 60er und 70er Jahren von den Studenten auf alles und jedes angewandt wurde; Marx passte immer.
Doch auch Beuys ging es um Umwandlung der erstarrten gesellschaftlichen Verhältnisse und des in zweckrationalistischen Begriffen gefangenen Denkens. Er wollte das verschüttete kreative Potenzial freisetzen. ("Jeder Mensch ein Künstler.") Am 26. November 1965 konnte das Publikum durch ein Fenster der Düsseldorfer Galerie Schmela, deren Eingang verschlossen war, Joseph Beuys dabei zusehen, wie er einem toten Hasen die Bilder erklärte. Er kehrte dem Publikum den Rücken zu und hielt den Hasen so im Arm, dass man glaubte, der sei lebendig. Dann stand Beuys auf, ging mit dem Hasen zu den Bildern, zeigte sie ihm und ließ ihn die Bilder mit der Pfote berühren. Allein der Hase durfte die Bilder sehen, das Publikum musste draußen bleiben. Hin und wieder hielt er den Hasen zum Publikum gewendet.
Die Aktion dauerte zwei bis drei Stunden. Beuys sagte später: "Ich erklärte sie (die Bilder) ihm, weil ich sie nicht den Leuten erklären mag. Ein Hase versteht mehr als viele menschliche Wesen mit ihrem sturen Rationalismus." Im Zusammenhang mit einer anderen Hasen-Aktion ("Eurasia", 1966) sagte Beuys: "Der Hase ist das Element der Bewegung, der Aktion, die den starren Kunstbegriff ändert." Beuys sah im schnellen Hasen "ein Überbrückungszeichen durch Bewegung".
Der Künstler, Anhänger des Anthroposophen Rudolf Steiner, bemühte sich in der Zeit der Ost-West-Konfrontation, die Welt als ein Ganzes zu sehen. Wie Steiner hielt er den "Ost-Menschen" für intuitiv und der Sinnenwelt verbunden - man erinnert sich, dass der Künstler im Krieg als Flieger abgestürzt war und ihm die Tataren das Leben gerettet hatten - und den "West-Menschen" für eher intellektuell. Beuys stellte sich eine gegenseitige geistige Befruchtung vor, die auch zu einer politischen Befriedung führen sollte. Der hin und her sausende Hase, der ja keine Grenzen kennt und überall zu Hause ist, war das Symbol der Bewegung und Überbrückung und auch des Friedens. Denn der Hase gilt als ein harmloses und friedliches Tier.
Einen Hasen, der einem winzigen Schützen gegenübersitzt, nannte Beuys "Der Unbesiegbare". Der Künstler gab eine Erläuterung: "Wenn der Hase nicht so anständig wäre, würde er sogar den Aggressor überwinden können. Aber der Hase ist viel zu anständig, das zu wollen. Er will lediglich weiterleben." Hier steht der Hase für das friedliche Leben, das, so die Hoffnung des Künstlers, letztlich unbesiegbar sei. Unbesiegbar? Ja, weil der Hase so fruchtbar ist.
Am 30. Juni 1982 hatte Beuys eine Zarenkrone, das Symbol der Macht, in einen Hasen umgeschmolzen. Es war eine spektakuläre Aktion anlässlich der documenta VII. Helmut Mattner, der Besitzer des Düsseldorfer Nobelrestaurants "Datscha", hatte sich 1961 von dem Juwelier Rene Kern eine Nachbildung der Zarenkrone Iwan des Schrecklichen aus dem 16. Jahrhundert anfertigen lassen: als Trinkgefäß für erlesene Gäste. (Es wurde daraus zuzeiten Krimsekt getrunken.) Dazu hatte er sich eigens eine Genehmigung von Nikita Chruschtschow besorgt.
Beuys gelang es, Mattner dazu zu bewegen, dass er ihm die 1850 Gramm Gold schwere, mit 76 Perlen und vielen Edelsteinen besetzte Krone überließ. (Der Kneipier: "Er hat mich nächtelang bearbeitet.") Der Künstler wollte die Krone nun von einem Kasseler Juwelier einschmelzen lassen. Dieser weigerte sich jedoch aus "berufsethischen Gründen". Daraufhin holte sich Beuys seine Krone mit den Worten ab: "Dann schlage ich die Krone eben selbst mit dem Hammer kaputt." Ungeachtet einer Unterschriftensammlung Kasseler Bürger zur Rettung der Krone erschien Beuys - wie in der von Veit Loers herausgegebenen Dokumentation berichtet - an besagtem Tag mit seinem Assistenten Johannes Stüttgen auf dem Kasseler Friedrichsplatz. Er packte die Krone aus einer Plastiktüte und hielt sie mit den Worten in die Höhe: "Es geht jetzt los! Es wird also jetzt die Krone Iwans des Schrecklichen eingeschmolzen. Ich zeige sie euch noch mal!"
Während Beuys dann eigenhändig begann, auf dem überdachten Holzpodest die Edelsteine mit einer Nagelschere aus der Krone zu polken, ließen die Zuschauer Protestrufe hören und warfen mit Eiern. Ungerührt schraubte Beuys das Kreuz von der Kronenspitze und tat es mit den Steinen in ein Einmachglas. Dann zerlegte er die Goldschale in sechs Teile, rollte diese trichterförmig zusammen, schlug sie mit einem Hammer platt und steckte sie in einen aus Ziegelsteinen gemauerten Ofen. Während das Gold erhitzt wurde, rief Beuys durch ein Megaphon: "Agrippa von Nettesheim!, Paracelsus!, Athanasius Kircher!" - die Namen großer Alchemisten - und zeigte das Einmachglas herum. Als das Gold geschmolzen war, wurde es in Hasenform gegossen.
Die Umwandlung durch Wärme ist im Beuysschen plastischen Denken eine zentrale Kategorie. "Unser Denken muss wärmer werden", forderte er. Beuys präsentierte dem Publikum dann einen goldenen Hasen in der Form eines Schokoladenosterhasen, wie man ihn überall kaufen kann. Zum Ende der documenta wurde das Werk für 777 000 Mark verkauft. Der "Friedenshase" befindet sich heute als Dauerleihgabe in der Staatsgalerie Stuttgart - eingemauert hinter Panzerglas. In einem Interview bemerkte Beuys zu der Hasenform, die sei ja nicht von ihm erfunden, er habe einen "anonymen Osterhasen" gegossen, das sei sozusagen "Volkskunst".
Um was es dabei ging, ist klar: Beuys hatte in einem quasi-alchemistischen Prozess symbolisch Macht in Fruchtbarkeit und Frieden verwandelt. Plastiktüte, Nagelschere und Einmachglas sind dabei Requisiten, welche die Nichtachtung der Macht und ihre Umwandlung mit den gewöhnlichsten Haushaltsmitteln deutlich zum Ausdruck bringen und in Verbindung mit der Bemerkung "Volkskunst" etwa besagen, dass das Volk zur tatsächlichen Umwandlung der gesellschaftlichen Machtstrukturen in friedliche Verhältnisse keiner besonderen Mittel bedarf. Und die Fruchtbarkeit des Osterhasen heißt für Beuys die Lebendigkeit der von Unterdrückung befreiten Kreativität: Leben. Beuys: "Ich glaube an den Menschen." Beuys, der auch an den berühmten Fluxus-Veranstaltungen teilgenommen hat, glaubte wie viele Künstler an eine fließende Kreativität, an permanente Umwandlungsprozesse. Eine der schönsten Plastiken von Barry Flanagan ist ein Hase, der mit seinen riesigen Füßen auf einem Helm steht. Die 1988 entstandene übermannshohe Bronzefigur gehört zu einer Reihe von Riesenhasen, darunter boxende, trommelnde, tanzende, springende, turnende, mit Stock und Teleskop wandernde. Und einer grübelt vor sich hin wie der "Denker" von Rodin. Aber es gibt auch eine Hasen-Plastik, die nach dem Vorbild mittelalterlicher Domskulpturen die Tugend darstellt. Die Großbronzen sehen aus wie geknetet, was ihnen viel Spontaneität verleiht. Die Hasen haben riesig lange Ohren, die ausdrucksvoll in verschiedene Richtungen zeigen, und ihre Köpfe sind manchmal ein wenig eselig.
Der 1941 in Wales geborene Künstler, Student und dann Professor an der renommierten St. Martin's School of Art in London, hatte als Bildhauer nicht-figürlicher Objekte schon in den 60er Jahren einen guten Namen, bevor er am 10. Februar 1978 in den Hügeln von Sussex einen Hasen sah, der - wie es in einem Katalog heißt - fröhlich von Osten nach Westen sprang. Ein Buch mit dem Titel "Der springende Hase" (Evans/Thomson, ed. Faber & Faber, 1972) festigte seinen Entschluss, große Hasen zu modellieren.
Der erste Hase entstand 1979 und wurde, mit goldenem Laub bekränzt, beim ersten Mondeslicht in einer kalten Januarnacht aufgestellt. Flanagan hatte mit dem Hasen eine Figur gefunden, die es erlaubte, den Menschen auf liebenswürdige Weise zu parodieren. Denn seine Hasen sind unverkennbar anthropomorph. Alle Figuren muten archetypisch an und wie in unvordenklicher Zeit entstanden. Keiner, der hinschaut, kann sich ihrer frechen Grazie entziehen. Flanagan hat ein Symbol für die Unbezähmbarkeit kreiert, für die Freiheit. Wie könnte anarchische Freiheit unprätentiöser und anmutiger dargestellt werden als durch einen übermütig tanzenden Hasen, die Freiheit, deren künstlerische Darstellung gewöhnlich nie ohne das schwerfälligste Pathos abging? Flanagans bezaubernde Hasen stehen überall in der Welt, sehr oft in Parks.
Für Beuys war der Hase Symbol der Bewegung, der Veränderung und des Friedens, bei Flanagan symbolisiert er die kreatürliche Freiheit, zu der natürlich die nicht unterdrückte Sexualität gehört. Die Nähe beider Auffassungen ist deutlich. Flanagans Hasen haben noch viel von der "Hasigkeit", der Liebestollheit, die ihnen immer nachgesagt wurde. Das alte Fruchtbarkeitssymbol lässt sich umstandslos als Zeichen für überschäumende Kreativität verstehen. Jeder Mensch sei ein Künstler, hatte Beuys gesagt. Um sich zu befreien, muss der Mensch über die Mächte triumphieren, die ihn gefangen halten: Flanagans Hase auf dem Helm und Beuys' aus einer Krone umgeschmolzener Friedenshase bringen das zum Ausdruck.
Diese Befreiung aus verkrusteten gesellschaftlichen Unterdrückungsverhältnissen ist - emphatisch betrachtet - durchaus eine Auferstehung von den Toten, ein Sieg des Lebens über den Tod, der zu Ostern von den Christen gefeiert wird. Flanagans Hasen in einer Kirche aufzustellen, wäre keineswegs blasphemisch: von der feierlichen Trauer über das Leiden und den Tod - am Karfreitag wird die Kreuzigung betrauert - würde der Akzent hoffnungsvoll auf die Freude über das Leben verschoben.
Aus Hoffmanns berühmtem Struwwelpeter kennen wir "Die Geschichte vom wilden Jäger". Dort kann man lesen: "Es zog der wilde Jägersmann sein grasgrün neues Röcklein an; nahm Ranzen, Pulverhorn und Flint und lief hinaus ins Feld geschwind. Er trug die Brille auf der Nas und wollte schießen tot den Has. Das Häschen sitzt im Blätterhaus und lacht den wilden Jäger aus."
Es fällt nun nicht schwer, die kleine Geschichte im Kontext der Bemerkungen zu Beuys, Flanagan und der Auferstehung zu erläutern. Der Jäger repräsentiert die tödliche Macht, der kleine Hase das Leben. Die Macht ist entschlossen, das Leben auszulöschen. Aber der Hase lacht wie "Der Unbesiegbare", der Beuyssche Hase, der so anständig ist, dem kleinen Schützen nicht eine runterzuhauen. Doch es bedarf der List. Das Häslein klaut dem schnarchenden Jäger die Brille und das Gewehr. Der kann nun nichts mehr sehen und nicht mehr schießen. Dem Hasen genügt die Hilflosigkeit des Mächtigen freilich nicht. Er vertraut nicht auf ein partnerschaftliches Nebeneinander von Leben und Macht. Er setzt des Jägers Brille auf und legt an, ist offenbar etwas welterfahrener als der Beuys-Hase. Der Jäger springt schreiend davon. Doch als der Hase tatsächlich schießt, allerdings daneben, denn er hat nur die Kaffeetasse der Jägersfrau getroffen, ist er offenbar zu weit gegangen. Weil: Seinem Kind, dem kleinen Has, "floss der Kaffee auf die Nas. Er schrie: ,Wer hat mich da verbrannt?' und hielt den Löffel in der Hand." Wohl wahr, wenn man sich so rabiat gegen die Unterdrückung wehrt, muss man auch an die Folgen für die eigenen Kinder denken.
Ob die Macht umgeschmolzen wird, ob man auf ihrem Helm herumtanzt, ob sie mit dem Gewehr vertrieben wird oder ob wir Ostern feiern: Die Grundtendenz ist dieselbe. Darum, liebe "Hasomanen" (Beuys): "Es lebe der Osterhase!"