Über Paladios Baustil

Musik am Bau

Randvoll war es bei der deutsch-italienischen Vereinigung beim Vortrag von Christian Lenz über Palladio. Der stellvertretende Direktor von Bayerns Staatlichen Gemäldesammlungen sprach als Bewunderer über den großen Renaissance-Architekten. Anhand von Dias, besonders von Stichen aus Palladios "Vier Büchern über die Architektur", machte Lenz auf Merkmale aufmerksam, die als "palladianisch" berühmt sind: den Portikus bei Wohnbauten, die Engführung von Säulen, verdichtete Ecklösungen, Thermenfenster, Rhythmisierung von Fensterfronten, Leerflächen als Bauelement (vergleichbar der Pause in der Musik).
Palladio, der das antike, an der Musik orientierte Regelwerk harmonischer Proportionen weiterentwickelte, nannte in seinen Traktat "Anleitung zum Bauen" als oberste Kriterien Zweckmäßigkeit, Dauerhaftigkeit und Schönheit. Lenz zeigte, wie unterschiedlich dasselbe Motiv (das sogenannte Serlio-Motiv, ein von zwei schmalen Öffnungen flankiertes Bogenfenster), von Serlio, Sansovino und Palladio verwendet wurde. Es umgibt als zweigeschossige Arkadenreihe den alten Palazzo della Ragione von Vicenza.
Heitere Eleganz ist auch den strengsten Bauten Palladios eigen. Den antiken Portikus verwendet er nicht nur bei seinen venezianischen Kirchen, sondern auch bei den berühmten Villen. Die Betonung des Eingangs bei Privathäusern durch ein ehemals sakrales Stilelement war neu und wurde zu einem oft imitierten Zeichen von Repräsentation und Anmaßung.
Was man von den vier Portici der Villa Rotonda zu halten hat, aus denen jeweils breite Treppen in das Gelände fließen: über die so komplexe Thematisierung des Verhältnisses von Innen und Außen hätte man doch gern etwas erfahren. Palladio war schließlich der erste Architekt, der Haus und Landschaft programmatisch in Zusammenhang sah: der Blick von oben, das Hinaustreten des Herrn, der durch Treppen vermittelte, sukzessive Übergang aufs befriedete Land.