Erbin, Sammlerin, Händlerin
Die Frankfurter Galeristin Brigitte von Trotha über Kunstvermittlung in den neunziger Jahren – Jetzt lockt Berlin
"Das ist alles von der Tante." An der Wand die ganze klassische Moderne bis zu Richter. Bei der reichen Tante Schniewind, eine geborene (Sekt)-Henkel in Newiges bei Wuppertal, gingen die Künstler ein und aus, unter anderen Yves Klein und sogar der finstere Otto Dix. Die kunstsinnige Erbtante sammelte nicht nur deutsche Expressionisten, sondern alle Amerikaner der sechziger Jahre, offensichtlich gut beraten von dem legendären Galeristen Alfred Schmela.
Trotzdem ist Brigitte von Trotha nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren. Ihre Familie musste aus Trotha bei Halle fliehen. Übrigens: Ihre Familie – aber das gibt sie nur auf Anfrage zum Besten – ist mit Karl dem Großen verwandt. Mit Karl dem Großen!? Ja. Sie setzt ein kleines Grinsen auf. Und nach der Motivation für ihren Beruf – "ein Traumjob" – gefragt, sagt sie: "Wenn ich so eine tolle Sammlung geerbt habe, möchte ich auch darüber genauer Bescheid wissen."
So folgte Brigitte von Trotha ihrem Mann 1975 nach New York, der dort für die Deutsche Bank das Investment-Geschäft aufbaute. Ihr Mann ist ein von Ribbentrop, jüngster Sohn des nationalsozialistischen Außenministers. Probleme mit dem belasteten Namen hatten sie aber nicht, auch nicht bei ihren jüdischen Freunden. Sie waren ja ein junges Paar. "Die Leute waren neugierig".
Die Frankfurter Galeristin machte in New York ihren Bachelor of Art über die Italienische Renaissance und begann nach ihrer Rückkehr 1987/88 beim renommierten Auktionshaus Sotheby’s. Bloß Auktions-Ausstellungen zu organisieren, gefiel ihr auf Dauer aber nicht, denn mit Künstlern kam sie dabei nicht in Kontakt. Und genau das ist, was sie auch heute interessiert. So ging sie als Geschäftspartnerin und "Consultant" zu Achenbach, dem von allen Galeristen gefürchteten Düsseldorfer Kunstausstatter, der in Düsseldorf, Bonn, Hamburg, München, Berlin Filialen hat. Sie managte mit Frau von Oynhausen die Frankfurter Filiale, die zum Beispiel Cindy Sherman zeigte.
Achenbachs umstrittenes Konzept, die corporate identity großer Konzerne – etwa der Victoria-Versicherungen oder der Telekom – über Kunst "richtig zu fundieren", findet sie auch heute in Ordnung (die Beton-Firma Hebel etwa wird mit Kiecol ausgestattet, der in Beton arbeitet).
Heute, ist es in Folge der Fusionswelle mit corporate identity allerdings eher vorbei. Ihr gefiel, dass man die Kunst in großem Stil von vornherein einplanen konnte, keine Versatzstücke, keine drop sculptures, sondern eine konzeptuelle Einheit. "Mit den Künstlern zusammenzuarbeiten, hat eben Spaß gemacht."
Als es Mitte der neunziger Jahre mit der Kunstberatung schwieriger wurde, weil die Konzerne in der Krise ihr Image eher durch Sozialsponsoring aufrecht zu erhalten suchten, machte Brigitte von Trotha im April 97 ihre eigene Galerie in der Frankfurter Feldbergstraße auf. Sie vertritt vorzugsweise internationale Künstler der Neunziger, junge Leute, "die mit ihren Arbeiten auch was aussagen wollen." Aha, Botschaften. Nein, nein, nicht didaktisch, aber eben keine Künstler, die "rein dekorativ" arbeiten.
Auf die brutale Frage, was an Kunst eigentlich so wichtig sei, sagt sie: "Weil sie Freude bringt." Moderne Kunst bringt Freude? Doch, zum Beispiel der kanadische Landschaftsmaler Pieter Doig. "Seine Landschaften sind einfach schön." Und dann die anderen, die "was zu sagen haben, schockieren und zur Besinnung bringen wollen".
Sie mag es durchaus, wenn Künstler ihre Arbeiten kommentieren. "Man braucht Erklärungen." Die Presse sei wichtig: "Es muss immer über einen gesprochen werden, über den Künstler und auch über die Galerie. Wenn ich es riskiere, einen jungen Künstler auszustellen, dann kommt die Presse meist nicht. Stelle ich jemanden aus wie etwa Alex Katz, kriege ich einen Artikel. Die Käufer kaufen lieber Namen, weil sie wissen, da gibt es kein Risiko."
Sie riskiert. Es sind die jungen Künstler, für die Brigitte von Trotha sich einsetzt, etwa Markus Ambach, Maria Friberg, Detlef Beer, auch die Frankfurter Künstler Ulrich Becker, Steffi Hartel und Andreas Exner. In Frankfurt, so glaubt sie, werde wenig über junge Künstler geschrieben. Hier werde mehr "das Etablierte noch mal gefördert". Die großen Kunstzeitungen wie Frieze oder Art Forum berichteten eher aus Köln und Berlin.
Geht jetzt auch sie weg? Von Trotha setzt wieder ihr kleines Grinsen auf. Sie suche eine Loft-Galerie wie in New York, keine Zimmergalerie, keine Ladengalerie. Der "reine Handel" interessiere sie nicht. "Berlin lockt mich sehr. Das ist eine neugierige, aufgeschlossene Stadt." Also nach Berlin. Und Frankfurt? "Ist so schön überschaubar." Übrigens auch von ihrer Dachterrasse.