„Die neue Liste ist da!“ rief Milliardär Porcupine Exploit Jr. in die Stille des Clubraums. Der junge Exploit hatte noch keine 10 Meter knöcheltiefen Teppichs hinter sich gebracht, als die ersten Clubmitglieder sich aus den weit verstreuten Ohrensesseln erhoben und schläfrig dem Eichentisch zustrebten, der, groß wie ein Billiardtisch, in der Mitte der Halle auf vier Löwenpranken stand. Unter dem riesigen Kronenleuchter. Die alljährliche Liste des Magazins FORBES* war das einzige Ding, das die reichen Männer noch freute. Über den Pornoheftchen, die sie in die Financial Times oder den Economist einzulegen pflegten, nickten sie regelmäßig ein, denn sowas war den harten Milliardären viel zu weich. Immer wenn sich die M.itglieder des Milliardärclubs hier versammelten, um ein wenig Freude zu haben, spielte wenigstens einer von ihnen mit dem Gedanken, diesen tannenschweren Lüster endlich einmal niedersausen zu lassen und so mit einem einzigen Schlag die Konkurrenz zu zerschmettern. „Bill Gates*, Microsoft“ rief Exploit Jr., „hat diesmal das Rennen mit 2,2 Riesen Vorsprung gemacht!“ „Lassen Sie sehen, Porcupine!“ rief Mr. Fordill. Alle beugten sich über den Tisch. {"Jetzt!“ dachte Mr. Handsup Pennypincher.) „Mit 12,9 Milliarden Ersparnissen*", trug Mr. Alltake vor, „ist Billbaby z.Z. (der reichste Mann der Welt. Zweiter unser Mitglied Spekulant Mr. Warren Buffett mit 10,7 Riesen*. Glückwunsch! Ist Warren da? Nein? Schade. Dritter ein Japs. Immobilienmagnat Yoshiaki Tsutsumi*. Dann kommen schon die Krauts: Die ALDI-Brüder mit 7,5 Milliarden*!“ „Und wo rangiert Mr. McDuck?“ fragte ein neueres Clubmitglied. „McDuck?“ erklärte ihm Mr. Handsup Pennypincher säuerlich „ist kein Milliardär und darum kein Mitglied. Leider, mein Junge!“ „McDuck ist T r i l l i o n ä r", flüsterte Mr. Alltake dem Greenhorn zu. Mr. McDuck, den Familienmitglieder und Fans „Onkel Dagobert“ nennen dürfen, unterscheidet sich vom Gros der Immobilienspekulanten (Nimmstewas-Hastewas-Bistewas) durch Weitsicht. Er kann Trends riechen. Und oft ist er selber Trendsetter. Wie soll man die Unterbringung von großen Mengen Mensch bei anhaltendem Bevölkerungswachstum gestalten? Diese Frage beschäftigte ihn, seitdem der Papst ihm bei einer Stippvisite im Geldspeicher hoch und heilig versprochen hatte, den Kurs zu halten. So war der päpstlich garantierte Anstieg der Geburtenrate die Ausgangsbasis von Mr. McDucks raumgreifenden Ideen. In Tokio hatte ihm der oben erwähnte Mr. Yoshiaki Tsutsumi seine „Sleep Capsules“ vorgeführt: einen Block gestapelter Schlafkapseln, in denen mitten in der City dicht neben- und übereinander Tausende von Menschen störungsfrei untergebracht werden können. Die schnarchdichten Zellen haben die Größe eines mittleren Japaners plus Zahnbürste zuzüglich Drehraum. Die Kapseln sind belüftet und selbstverständlich am Fußende mit Fernseher, am Kopfende mit Wecker und Radio und seitlich mit einer Ablage für Habseligkeiten ausgestattet. Das Licht kann ausgeschaltet werden. Mr. McDuck war beeindruckt. In Hongkong hatte er dann die billigere Version der Massenmenschhaltung kennengelernt die sogenannten „Cagehäuser". Ein Amtschinese stellte dem Talertrillionär einen Mann namens Leung Chu Yan vor, ein 57jähriges gelbliches Prachtexemplar. Der wohnt in einem käfigartigen Verschlag, keine zwei Quadratmeter groß. So wie er leben mehr als 1O.OOO Menschen in der fernöstlichen Bankenmetropole. Es sind die „Cagemen".
*Frankfurter Rundschau 6.7.1995