"Apfelwein, certo"
Ein Gespräch über Küche und Kultur mit Piero A. di Pretoro, dem neuen Leiter des italienischen Instituto di Cultura in Frankfurt
Das deutsche Wetter, über das Italiener gern klagen, gefällt Dottore Piero A. di Pretoro. Der Leiter des Instituto di Cultura ist Römer und sieht aus wie ein Altphilologe. Und er ist ein Altphilologe. Wo lernt man so gut deutsch? Im Goethe-Institut in Rom: Man könne die Antike nicht ohne die deutsche, im 19. Jahrhundert führende, Altphilologie verstehen. Schön zu hören.
Zuvor hat Di Pretoro als Lektor an italienischen Kulturinstituten und deutschen Universitäten gearbeitet. In Deutschland ist er seit den 70er Jahren, in Frankfurt seit vier Monaten.
Was ihn mehr als Musik und Theater interessiert, ist die deutsche Literatur: Goethe, Heine, Brecht und auch Benn. "Der Lyrik des Altertums ist nur die deutsche zu vergleichen." Er schätzt die Klassik und das klassisch Gewordene. Unter den Prosaschriftstellern sind ihm Franz Kafka und Thomas Mann die liebsten.
Viele Mitarbeiter hat Di Pretoro nicht, praktisch nur seinen "braccio destro", Dottore Santoriello. "Die beiden Sekretärinnen sind schwanger." Das bescheidene Zimmer, in dem wir sitzen, ist ein Knoten in einem weltweiten Netz von 95 italienischen Kulturinstituten, die dem Außenministerium unterstehen und zwar, anders als die Goethe-Institute, in einer strikten Hierarchie – mit dem Vorteil der diplomatischen Immunität, aber dem Nachteil größerer Abhängigkeit. Obwohl, so Di Pretoro, im Gesetz stehe, "die Autonomie des Instituto di Cultura ist zu bewahren".
Ministerpräsident Berlusconi, war er nicht auch Außenminister? "Gewesen", antwortet Di Pretoro. Die jährlichen Richtlinien der Programmkommission für 2002 hätten angewiesen, italienische Mode, Design und Regionalkultur zu propagieren. Solch harmlose Ziele? "Hauptziel bleibt die Verbreitung der italienischen Sprache und Literatur im Ausland." Man wende sich besonders an das kultivierte deutsche Publikum, das zum Beispiel das Literaturhaus besucht. Aber: "Wir dürfen auch unsere Landsleute hier nicht vergessen."
Zu den Professoren der Romanistik hat Di Pretoro den Kontakt schon geknüpft, zur Casa di Cultura noch nicht. Eine Kooperation mit dem Literaturhaus und mit der Deutsch-Italienischen Vereinigung ist verabredet. Auch junge italienische Kunst will Di Pretoro in Frankfurt stärker präsentiert haben. Er begrüßt die Neueröffnung einer italienischen Galerie in der Gutzkowstraße ausdrücklich. Sein Traumziel ist eine Mega-Veranstaltung, etwa "Italia si presenta à Francoforte". Aber das kostet. Er müsse eben an die richtigen Türen klopfen.
An Frankfurt schätzt Piero di Pretoro die Internationalität und die Vielzahl der kulturellen Einrichtungen – und natürlich die Buchmesse. Aber die Mieten seien horrend. In der Tat.
Jetzt der Sympathietest: Mag er Apfelwein? "Apfelwein, certo."
Und die Mutprobe: Handkäs? "Was die Küche anlangt", meint der Dottore höflich, "da bin ich Nationalist." Das versteht man. Für die Verbreitung italienischer Sprache, Literatur und Kunst wünschen wir viel Glück.