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Uncle Scrooge contra Sunday

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„Die meisten Leute langweilen sich sonntags!“ meinte Onkel Dagobert und legte einen blitzblanken Taler vom linken auf den rechten, noch etwas kleineren Haufen. Er zählte in seinem Tresor sein Geld, wie fast immer zwischen 16.15 und 18.15 Uhr. „Ihnen fällt die Decke auf den Kopf,“ fuhr er fort, „weil sie mit ihrer Zeit nichts anfangen 'können. Zeit ist nichts für einfache Leute.“
„Aber lieber Onkel,“ meinten die drei kleinen Neffen, „wir freuen uns die ganze Woche darauf, am Sonntag mit dem Fähnlein Fieselschweif Spurenschnüffeln, Pflanzenerkennen und Gangster-und-Sheriff-Spielen zu gehen.“ „Ja ja,“ meinte der alte Onkel weise, „ihr seid noch jung. Das ist etwas anderes. Aber nehmt euren Onkel Donald, den das Gericht unverständlicherweise zu eurem Vormund bestellt hat, obgleich er selber einen bräuchte: Er langweilt sich jedesmal sonntags, wenn ich komme. Er schaukelt in seiner unvorschriftsmäßig befestigten Hängematte und macht ein Gesicht. Und warum? Weil draussen nichts los ist. Keine Menschen auf der Straße, über die er sich ärgern kann, keine Autos, nur Kirchenglocken. Ich bin sicher, er würde gern wie alle anderen ein bisschen durch meine Kaufhäuser bummeln.“ „Aber er hat doch nie Geld, was zu kaufen, lieber Onkel!", wendeten die Kleinen ein. „Er ist doch meistens arbeitslos.“ „Nun ja, augenblicklich hat er mal keine Arbeit, weil ich meine Chips-Fabrik nach Korea verlegen musste. Ihr wisst ja, die Konkurrenz zwingt mich, dauernd den Standort zu wechseln. Aber er hat doch, wie ich ihn kenne, Lust, sich ein wenig zu informieren, nicht wahr.“
„Du meinst Schaufenster gucken?“ „Ja, mit Tante Daisy zum Beispiel. Er würde sich doch gern eine Übersicht holen,. was er vielleicht kaufen könnte, wenn er wieder Geld hätte. Darum lasse ich ja auch Schnupperpreise festsetzen.“ „Aber Onkel, er hat doch nicht einmal Geld, die Tante zu einem Eis einzuladen. Darum sitzt er sonntags so traurig zu Hause.“ „Wenn ihr glaubt, mir für euren faulen Vormund auch nur einen einzigen Taler zu entlocken, täuscht ihr euch. Ich bleibe dabei, der kleine Mann auf der Straße langweilt sich sonntags, weil er nicht ein bisschen was einkaufen kann. Denn Einkaufen macht ihm Spaß. Die einfachen Leute lieben den Konsumrausch weil sie mit ihrer Zeit nichts anfangen können.“ „Ach Onkel, was weisst du denn von dem kleinen Mann auf der Straße!“ empörten sich Tick, Trick und Track. „Erstens, ihr Klugscheißer, weiss ich das, weil ich selber mal ein solcher war. Und zweitens habe ich den unumstößlichen Beweis, dass ich recht habe.“ „Und wie geht der, dein so genannter Beweis?“ „Würde der kleine Mann mir sei ne Zeit so liebend gern verkaufen, wenn sie ihm kostbar wär, nun? Will denn euer famoser Vormund nicht dauernd in einer meiner Fabriken seine Zeit verbringen? Er verkauft sie mir. So einfach ist das.“ Onkel Dagobert lehnte sich zufrieden in seinem Lederbossel (Abkürzung für Boss-Sessel) zurück. Die drei kleinen Erbneffen ließen die Köpfe hängen. Es war ja richtig, dass die meisten Leute auf der Welt am liebsten in einer von Onkel Dagoberts Unternehmungen eine Arbeit hätten. Das war nicht zu leugnen. Sie alle wollten ihrem reichen Onkel ihre Lebenszeit hergeben, damit sie dafür Geld genug bekämen, um es in seinen Kaufhäusern auszugeben. Aber musste das denn sonntags sein? Onkel Gustav, Ihr kennt ihn, der schöne Mann der Familie, Glückspilz von Beruf und Liebling aller jungen Enten, saß die ganze Woche mit dem Händy im Café Größenwahn und vermittelte Geschäfte zwischen Leuten, die man nie sah. Manchmal legte er bloß das eine Händy neben ein anderes und ließ die Geschäftsleute selber miteinander verhandeln, während er sich seine Fingernägel betrachtete. Provision bekam er. Woher sollte er sonst das Geld für einen Bugatti haben? „Hallo Kinder!“ winkte er Tick, Trick und Track zu, die mit saurem Gesicht auf dem Bordstein entlangschlichen, „kommt her zu Fortunas Liebling, er spendiert euch ein extragroßes Gelato con Tutto!“ „Wow!“ riefen die Kinder begeistert. „Ein Rieseneis mit allem!“ Während sie an ihrem Eis „die Zunge machten", mussten sie an die Frage denken, die ihnen den Kopf zerbrach. „Onkel Gustav", begann Tick darum, „wie hältst du's mit dem Sonntag? Magst du ihn?“ „Der Sonntag? Ist heute einer? Ach, wisst ihr Kinder, ich unterscheide da nicht groß. Es ist ein Tag wie jeder andere. Aber wenn ich was einkaufen will, muss ich zum Flughafen fahren, das ist störend. Daran erkenne ich den Sonntag.“ „Aber warum zum Flughafen, du könntest doch auch werktags deine Einkäufe erledigen und hier zu DD'Best gehen.“
"Erstens gehe ich nicht zu DD'Best, weil ich Onkel Dagoberts Kettenläden nicht einmal mit einer Fußspitze betrete, sondern ich mache mein kleineres shopping in Läden einer doch etwas anspruchsvolleren Qualitätskategorie. Zweitens habe ich in der Woche einfach keine Zeit dazu. Von 10–11 Uhr mache ich Garderobe, dann vor Tisch gewisse Besuche, dann speise ich mit einigen Herren zu Mittag, dann ein kleiner Verdauungsspaziergang in Begleitung einer guten Havanna, dann eine kleine Siesta, dann muss ich ins Café ein bisschen telefonieren, dann muss ich Theater- und Konzertkarten für den Abend besorgen und einen Tisch im Chez Pierre bestellen, dann umziehen, dann zum Dinner et cetera p.p. Also zum Einkaufen bleibt mir nur der Sonntag. Ich denke, Vuitton, Armani, Gucci, Prada, Bally usw. sollten da schon offen sein, falls man mal vorbeischauen möchte, doch.“ Bei Oma Duck ist der Sonntag natürlich wie er immer war. Die alte Dame backt einen großen Kranzkuchen und erwartet, dass alle kommen. Und wehe, einer fehlt. Selbstverständlich ist außer Donald, Daisy und dem stets hungrigen Daniel Düsentrieb, der leider furchtbar schmatzt, weil er ein ausgemachter Single ist, auch der alte, reiche Onkel Dagobert zugegen. Während alle im Garten um den Tisch sitzen, ihren Tee schlürfen und dem Eichhörnchen zusehen, das wie der Teufel in der alten Platane herumsaust, blicken die Kinder einander an, jawohl, die Frage muss raus. „Warum", fragen sie im Chor, „bist du lieber Onkel, sonntags nicht im Büro?“ „Im Büro? Sonntags? Ich?“ wundert sich Onkel Dagobert. „Ich will doch wenigstens einmal in der Woche meine Ruhe haben! Hört doch das liebe Vogelgezwitscher! Ob das eine Amsel ist?“ „Bist du denn nicht für die Abschaffung des Sonntags?“ „Für verkaufsoffenen Sonntag, jawohl. Für den kleinen Mann.“ „Und du?“ „Ich hab' doch schon alles, Kinderchen", sagte der Onkel und griff so schnell auf Donalds Kuchenteller hinüber, dass der überhaupt nichts merkte, weil er seine Daisy anhimmelte.

Uncle Scrooge and the Werther Effect

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„Die Konkurrenz sitzt mir im Rücken!“ ächzte Onkel Dagobert, die reichste Ente der Weit, und stützte sich auf sein Stöckchen, daß es sich bog. So schwer war sein Herz. „Aber dir gehört doch schon alles!“ meinte Donald kaltherzig. „Du übertreibst! Der Kerl an der Ecke verkauft Bananen, die viel teurer sind als die aus meinen Pflanzungen. Sie haben übrigens unappetitliche Flecken. Aber sie gehen! Meine nicht!“ „Die sind aus ökologischem Anbau!“ riefen die drei Großneffen. „Meine Bananen sind extrabillig, damit die Armen was zu essen haben, und die Konkurrenz? Ist unsozial, teurer und verkauft mehr. Es ist gegen das Marktgesetz!“ jammerte der Alte. Darum drehten sich bei Ducks die Gespräche, denn der Onkel bekam von der Konkurrenz Migräne.
Donald musste dem Goldhamster jeden Morgen die Zeitung vorlesen. Jeden Morgen aus der Weltpresse., immer zuletzt die — Frankfurter Rundschau —, die der Fundamentalkapitalist nicht leiden kann, weil, sagt er, die so panzerknackerfreundlich ist und manchmal da Sachen über ihn zu lesen sind, dass er vor Wut auf den Schreibtisch springen muss. Dann hat er Schaum vorm Schnabel und Atemnot. Donald erhob also wieder diese Stimme, die er nun mal hat und las aus der FR vom 7. Juni 1999 vor:

„Der Werther-Effekt:
Drei japanische Geschäftsmänner, alle mit finanziellen Sorgen, treffen sich zu einem letzten Glas Whisky im Hotel. Dann schneiden sie einen Strick in drei gleich lange Stücke, jeder geht in sein jeweiliges Hotelzimmer und erhängt sich am Ventilator im Badezimmer.“

„Geschäftsmänner? Der Große Onkel horchte auf. „Lies weiter.“

„Es ist schockierend – die Zahl der Selbstmorde ist im letzten Jahr erstmals auf mehr als 30 000 Fälle geklettert, sagt Yashimoto Takahashi vom Psychatrischen Institut Tokio. Der Psychologe glaubt, dass die sensationelle Berichterstattung der japanischen Medien zumindest teilweise für die neue Selbstmordwelle verantwortlich ist. Er spricht von einem Werther-Effekt: Ähnlich wie der Held des berühmten Goethe-Romans, dessen Selbstmord von ungezählten Lesern nachgeahmt wurde, hätten die Medienberichte über spektakuläre Selbstmordfälle einige Japaner auf die Idee gebracht, Hand an sich zu legen. Die Massenmedien stürzten sich auf das Thema.“

„Halt!“ rief Onkel Dagobert, „Wer ist Werther?“ „Das ist ein Partner von einem namens „Faust", deutscher Boxer, Halbschwergewicht, glaube ich,“ behauptete Donald, der neben der Dogs & Guns auch die Boxerzeitung liest. „Glaubst du? Du hast wie immer keine Ahnung.“ Während Donald eine Schnute zog, griff der Alte zum Telefon, um Gustav Gans anzurufen, der höhere Bildung besitzt. „Hallo Gustav, mein Lieber,“ flötete er, „hast du dich nicht neulich damit gebrüstet, du hättest mit eigenen Augen 10 Bände Casanova gelesen?“ „(2)“ „Auch gut. Jedenfalls liest du. Dein ungebildeter Vetter weiß nämlich nicht, wer Werther ist, du weißt es vielleicht … So. Aha. Sehr interessant. Dann such mir doch die Stellen einmal raus. Nun, sagen wir zehn Taler. Nun meinetwegen zwölf. Vierzig Taler für eine so leichte Arbeit?“ schrie der alte Onkel auf und griff sich dorthin, wo er sein Herz vermutete. Dann bemerkte er trocken zu Donald: „Gustav weiß, wer Werther ist, du Tropf!“ Die Aufgabe von Vetter Gustav, dem Absolventen eines Gymnasiums,- dem berühmten Glückspilz und schönen Mann der Familie, bestand also darin, dem Onkel die ergreifendsten Stellen aus dem Werther herauszusuchen. Denn der Globalmonopolist hatte die Unternehmerische Vision, seine japanische Konkurrenz zu vernichten.

Wie? Nun, durch eine Prise deutscher Dichtung. Zuerst dachte er daran, die Goethe-Rechte zu kaufen und das Büchlein ins Japanische übersetzen zu lassen. Onkel Dagobert malte sich aus, wie die asiatischen Manager zu Hunderten ihre Hotelzimmer aufsuchten, den Gürtel aus dem Bademantel zogen und den Schemel unter den Ventilator stellten. Nach einer Woche brachte der Bürobote ein Päckchen. Absender Gustav Gans. Was der Angeber für eine ausschweifende Handschrift hatte! Der Onkel las: „Lieber Onkel, dies sind der Reihe nach die Stellen, mit denen Goethe die jungen Männer scharenweise ins Wasser getrieben hat: „‚Und mit einer auffahrenden Geste drückte ich mir die Mündung der Pistole übers rechte Aug' an die Stirn.‘ – ‚Pfui!‘ sagte Albert. (46) ‚Ach, ich hab' hundertmal ein Messer ergriffen, um diesem gedrängten Herzen Luft zu machen.‘ ‚Man erzählt von einer edlen Art Pferde, die wenn sie schrecklich erhitzt und aufgejagt sind, sich selbst eine Ader aufbeißen.‘ (71) ‚Meine Blätter werden gelb.‘ (76) ‚Mit mir ist's aus.‘ (91) ‚Lebe wohl, Lottel auf ewig lebe wohl!‘ (115) ‚Über dem rechten Auge hatte er sich durch den Kopf geschossen, das Gehirn war herausgetrieben.‘ (124) Goethes Werther fängt übrigens mit dem Satz an: ‚Wie froh bin ich, dass ich weg bin!‘ Das passt aber besser ans Ende, meine ich. Denk an die 40 Taler … Gruß, Gustav.“
Wegen sowas bringen sich die Leute um? wunderte sich der alte Goldgräber und Westernheld. Denn er war kein Fingerspitzchen gerührt. Weicheier! Dann griff der Groß-Onkel zum Telefonhörer und bestellte sich Professor Pico, den Konzernphilosophen und Hausschriftsteller, dessen Aufgabe es ist, den Gedanken aus der Intimsphäre des Großkapitals anständigen Ausdruck zu verleihen. Dem erklärte er seinen famosen Plan. Zwei Tage später erschien in allen Tageszeitungen folgende interkontinentale Todesanzeige:

„Wie froh bin ich, dass ich weg bin!“ Das waren die letzten Worte von Talertrillionär Dagobert Duck aus Ducks City. Seine Blätter waren gelb geworden. Mit ihm war's aus. Als er einmal mit einer auffahrenden Geste sich die Mündung der Pistole übers rechte Auge an die Stirn drückte, riefen alle seine Angestellten: ‚Pfui.‘ Tatsächlich hatte er vorher schon hundert mal ein Messer ergriffen, um seinem gedrängten Herzen Luft zu machen. Er hätte sich am liebsten wie ein edles, erhitztes Pferd selbst eine Ader aufgebissen. Nun hat er sich aber lieber über dem rechten Auge durch den Kopf geschossen, dass das Gehirn herausgetrieben war. ‚Lebe wohl, Talerberg, aufewig lebe wohl!‘“

Haha! Onkel Dagobert rieb sich die Hände. Dann zog er sich in seinen Tresor zurück und wartete vor dem Fernseher auf die Selbstmorde der Konkurrenz. Deutsche Dichtung! Das Wertherkonzentrat war wie reine Blausäure. Dagobert Duck höchstselbst wollte das Vorbild sein. Um acht Uhr brachte der Sprecher die Nachricht vom Ableben Dagobert Ducks an erster Stelle. Während der Große Onkel den asiatischen Selbstmorden entgegenfieberte, was flimmerte da plötzlich über die Mattscheibe? Verflucht! Tausende und Abertausende vergnügter Schuldner tanzten juchzend um die Banktürme von Ducks City, Tokio, London und Frankfurt. Der alte Tycoon bekam sofort wieder seine Migräne. Von deutscher Dichtung wollte er nie wieder etwas hören. Nie wieder!

Is Scrooge Duck a glutton?

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Als Onkel Dagobert, die reichste Ente der Welt, abends vom Ausbeuten nachhause kam, fand er auf seinem bahnhofsgroßen Tresor in Druckbuchstaben die Worte: „Dagobert Duck = Kannibale". Mit dem Schimpfwort „Kapitalist“ hatte er sich abgefunden, aber „Kannibale"? Sind das nicht Menschenfresser? Wie kann eine Ente Menschenfresser sein! Doch fest stand: An seinen Tresor geschrieben, war das ein böses Schimpfwort. Als die Familie beim Abendbrot saß, wozu sich der Onkel gern einlädt, damit er nicht so einsam ist wie die anderen Milliardäre, brachte er die Frage aufs Tapet. „Sagt einmal, Kinderchen, Kannibalen sind das nicht Menschenfresser?“ Als Tick, Trick und Track zu einer Antwort ansetzen wollten, krähte Onkel Donald, ihr besserwisserischer Vormund: „Gibt's nicht. Sind Märchenfiguren wie die Hexe in Hänsel und Gretel!“ Die Kinder blickten streng auf das Hühnerbein, an dem ihr Onkel nagte, während sie als geschworene Veganer stets Salat, Obst und Müsli essen.
Dann sagte Tick vorwurfsvoll: „Es ist dir wohl nicht bewusst, lieber Onkel Donald, dass du gerade ein Geflügelbein verspeist?!“ „Huhn, na und?“ meinte Onkel Donald naiv. „Das Huhn gehört zu der Artengruppe Geflügel. Und, lieber Onkel, dazu ,gehören nun mal auch wir Enten.“ „Soso! Du willst mich also mit einem Huhn in denselben Topf werfen!“ rief der Onkel gekränkt. „Kommt zur Sache!“ schrie der Großonkel dazwischen. „Was hat Donalds Huhnesserei mit Kannibalismus zu tun?“ Man sieht, welche Schwierigkeiten die Kinder haben, ihre fleischfressenden Onkels aufzuklären. Das Problem liegt ihnen schon lange am Herzen, denn als Veganer verabscheuen sie jegliche Nutzung von Tierprodukten. Ihre Onkels wissen nicht, dass das Fähnlein Fieselschweif, ihre Pfadfindergruppe, inzwischen längst der „Befreiungsfront der Tiere“ beigetreten ist, die gerade mit der „Tierrechtsarmee“ ein Abkommen zur Eliminierung der Pelzindustrie getroffen hat. Neulich nachts haben sie Schmiere gestanden, als die erfahreneren Aktivisten eine Nerzfarm stürmten, die Käfige aufbrachen und ihre Brüder befreiten. Tierhaltung ist für sie wie Zuchthaus und KZ. Und erst Tierversuche! Darum beteiligen sie sich an Überfällen auf Wurstfabriken. Von den Zeitungen werden sie „Öko-Terroristen“ genannt, kein Wunder, denn die Zeitungen und das Fernsehen, aber auch die meisten Hühnerfarmen gehören ihrem reichen Großonkel Dagobert. Da sie dessen Frage nicht unbeantwortet lassen wollten, ging Track ins Kinderzimmer und schleppte das 5 Kilo schwere Pfadfinderhandbuch herbei, in dem alles drin steht, was eine amerikanische Ente wissen muss. Sie schlugen es unter dem Stichwort Kannibalismus auf und lasen ihren Onkels das folgende vor: „Kannibalismus, abgeleitet von dem menschenfressenden Stamm der Kariben, span. Canibals. Die das natürliche Gefühl empörende Sitte mancher wilder Völker (nicht immer der rohesten), das Fleisch ihrer Nebenmenschen zu verzehren.“ (Meyers Konversationslexikon, 1890). Über den südamerikanischen Stamm der Tupinambas berichtet der deutsche Landsknecht Hans Staden aus Hornberg in Hessen, der 1548 neun Monate in der Gewalt der Menschenfresser verbracht hat: „Der Häuptling ergreift die Keule und schlägt dem Gefangenen von hinten auf den Kopf, dass das Hirn herausquillt. Sogleich nehmen ihn die. Frauen, zerren ihn aui das Feuer und kratzen ihm die Haut ab. Sie machen ihn ganz weiß und verschließen ihm den Hintern mit einem Stück Holz, sodass nichts von ihm abgeht.“ „Mit einem Stück Holz?“ erkundigte sich Onkel Donald. Die Kinder nickten ernst. „Ist dann die Haut abgemacht, so nimmt ihn ein Mann und schneidet ihm die Beine über dem, Knie und die Arme am Leib ab, worauf die vier Frauen kommen, diese vier Teile nehmen und unter großem Freudengeschrei damit um die Hütte laufen. Darauflhin trennten sie den Rücken mit dem Hintern vom Vorderteil ab.“ „Den Hintern!“ rief Onkel Donald. „Dieses teilen sie unter sich auf. Die Eingeweide behalten die Frauen, die sie. kochen und aus der Brühe einen Brei, Mingau genannt, herstellen. Den trinken sie und die Kinder.“ „Ptui Deibel!“ Donald schüttelte sich. „Sie essen die Eingeweide und auch das Fleisch vom Kopf. Das Hirn die Zunge und was sonst noch daran genießbar ist, bekommen die Kinder … Dies alles habe ich mit eigenen Augen gesehen, ich habe es miterlebt.“ (Hans Staden, 1557) „Aufhören!“ rief Onkel Donald matt und verdrehte die Augen. Er hatte sein Hühnerbein auf den Teller fallen lassen. Doch Tick, der Aktivist, las unerbittlich weiter: „Amerigo Vespucci, nach dem der Neue Kontinent ,Amerika' genannt worden ist, schrieb im Jahre 1500 über die Leute von Caniba: ,Ich sah gesalzenens Menschenfleisch, das an Stangen zwischen den Hütten hing, geradeso wie man bei uns gewöhnlich Schinken und Schweinefleisch aufhängt'.“ (Amerigo Vespucci, Mundus Novus, ca. 1504) „Wie unmenschlich!“ meinte Track und schielte zu Onkel Dagobert hinüber, um die Wirkung dieses Extrakts zu prüfen. „Unmenschlich?“ fragte der große Onkel kalt.
„Was geht das mich an. Ich bin Finanzier und Ente.“ Daraufhin nahm Onkel Donald seine Hühnerkeule wieder in die Hand und nagte weiter. Er hatte sich wieder gefasst. „Aber versteht ihr denn nicht?!“ riefen die verzweifelten Veganer im Chor, „Kannibalismus bedeutet, dass einer den anderen frisst, seinesgleichen, der Mensch den Menschen, der Hund den Hund, die Ente die …“ „Mahlzeit!“ schrie da Onkel Donald. „Ich esse Huhn! Und ich esse es zuende! Ich lasse mir nicht das Abendbrot versauen!“ „Das alles erklärt mir nicht, warum sie gerade mich als Kannibalen beschimpfEm!“ sagte der Große Onkel unzufrieden. „Das ist doch ganz einfach, lieber Onkel", sagte Tick (der mit dem Riesen-IQ), „wenn man sich die Gründe für den Kannibalismus klarmacht. Hier steht: Hauptgrund für die abscheuliche Sitte ist der ,Glaube, dass sie nur so den Feind ganz vernichten und seine Kräfte erben können.' (Meyers Konversationslexikon, 1890).“ „Vernichten und erben?“ fragte der Große Onkel neugierig. Und er beschloss, Professor Pico, den Konzernphilosophen anzurufen, der für Corporate Identity zuständig ist;' und er erklärte ihm in knappen Worten das Problem. „Unter Kannibalismus", dozierte der Professor, „versteht man heute die feindliche Übernahme eines Konzerns durch den anderen. Eine Firma frisst die andere Firma, vernichtet sie so und verleibt sich ihre Potenzen ein. Ducks International hat z.B. in diesem Jahr …“ „Verstehe", sagte der Onkel knapp und legte auf. „Nun, Kinder“, meinte er dann aufgeräumt, „ich bin also, aber nur sozusagen, Kannibale.“ „Du hast schon so manchem das Fell über die Ohren gezogen!“ rief Donald eifrig. „Bloß ökonomisch!“ meinte der Große Onkel, „Bloß ökonomisch!“ „Eklig genug!“ riefen die altachtundsechziger Kinder. „Esse ich Huhn?“ konterte der Onkel und zeigte mit dem Finger auf Donald. Der ließ die Hühnerkeule zum zweiten Mal fallen.

Uncle Scrooge also demands political correctness

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Eines Tages bemerkte Tick, der seinen Brüdern beim Schachspielen zusah: „Ich glaube, ich wachse nicht mehr!“ „Gardez!“ sagte Trick und bedrohte Tracks Dame mit sei nem pferd. „Was hast Du gesagt?“ fragte Track .so verdutzt, dass er seine Dame einfach stehen ließ, wo sie stand. Denn weil Onkei -Dagoberts Groß- und Erbneffen doch Drillinge sind; musste er annehmen, dass auch er selber und auch Trick nicht mehr wuchsen. Alle drei liefen sofort ins Badezimmer hinüber, wo sie vor zwei Jahren an der Tür mit · Bleistift eine Markierung gemacht hatten. Tick holte das Lineal und legte es erst Trick und dann Track horizontal auf den Kopf, sodass es an die Türleibung stieß. Das Lineal traf exakt auf den Bleistiftstrich. „Es ist wahr, wir sind nicht einen Millimeter größer geworden", stellte Track fest und sah ·seine Brüder mit weiten Augen an. „Wir werden wohl immer klein bleiben!“ seufzte Trick. Dann watschelten sie zu Onkel Donald, der gerade fernsehnguckte. „Wir sind Zwerge!“ beschwerten sie sich im Chor. „Wie? Was? Zwerge gibt es nicht mehr!“ erklärte Onkel Donald ungerührt, „ihr seid höchstens s o g e n a n n t e Zwerge.“ „Und wo ist der Unterschied, Onkel?“ „Ein sogenannter Zwerg unterscheidet sich von einem Zwerg dadurch, dass er eben nur Zwerg g e n a n n t wird. Wer ,sogenannter. Zwerg' sagt, gibt zu erkennen, dass zwar andere den Zwerg ,Zwerg' nennen, er aber nicht, z.B. weil er nicht sicher ist, ob der Zwerg wirklich ein Zwerg ist. ,Zwerg' darf man heute nicht mehr sagen, weil der Zwerg sich beschimpft fühlen könnte. Kapiert?“ „Mann, ist das kompliziert. Woher weißt Du denn sowas?“ fragten die Kinder. „Das steht in einem Artikel über Political Correctness.“ „Hier, ich lese es euch vor: ,Anspruch auf politisch korrekte Behandlung und Benennung erheben Gruppen, die diskriminiert werden oder sich diskriminiert fühlen. Dass niemand wegen seines Geschlechts, seiner Hautfarbe, seiner Weltanschauung oder seiner … ähem … seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden sollte, ist ein politischer Verfassungsgrundsatz und eine gesellschaftliche Minima/norm, für die breite Zustimmung unterstellt werden kann'. Versteht ihr? Nein? Also: wenn' jemand einen von euch ,blöde weiße Ente' nennt, dann seid .ihr zurecht beleidigt. Wer sowas sagt, beschimpft euch nicht als Tick, Trick und Track, sondern in eurer “ Entigkeit. Ihr könnt ja nichts dafür, dass ihr weiße Enten seid. Er hat euch nicht politisch korrekt behandelt. Alles klar?“ Die drei kleinen Neffen blickten verstört: „Ein Blinder", fuhr der Onkel fort, „heißt heute ,anderssichtig'. Man will damit sagen, dass er nicht aus dem Kreis der Sehenden ausgeschlossen wird. Und ihr seid also keine Zwerge, sondern ,vertikal beeinträchtigt'. Hier steht's. Was etwa bedeutet, dass es mit euch nach oben nicht mehr weiter geht.“ Da fingen die dnii sogenannten Zwerge an zu weinen und schlichen betrübt ins Kinderzimmer. Sehr pädagogisch war der Onkel nie. Daher befragten sie am Wochenende den Ältesten in ihrer Pfadfindergruppe „Die jungen Murmeltiere“. „Wenn es euch kränkt, dass einer ,ihr Zwerge' zu euch sagt, dann wollt ihr nicht daran erinnert werden, dass ihr nicht mehr wachst. Durch euer Nullwachstum unterscheidet ihr eUch z.B. von den Bassottini, den Panzerknackerkindern, die ja ziemlich schnell dicke Bassotti werden, weil sie viel Spaghetti essen. Ihr fühlt euch ,diskriminiert’, d.h. von den anderen negativ abwert tend unterschieden,“ erklärte, das Große Murmeltier. „Wir wollen ja gar nicht wie die Bassottini sein, die sind ja böse und doof!“ wendeten die drei kleinen Neffen ein. „Richtig", gab das Große Murmeltier zu, „aber sie wachsen. Wenn jemand zu euch sagt, ,ihr doofen Enten', könnt ihr lachen, weil's ja nicht stimmt. Aber wenn einer euch ,Entenzwerge' nennt, dann ist das diskriminierend.“ „Und was machen wir gegen solche Beleidigungen?“ „Ihr könnt einen Prozess führen und Schadenersatz verlangen.“ Als die drei Großneffen ihren Onkel Dagobert in seinem Geldspeicher besuchten, um ihr Taschengeld abzuholen, saß der mit gesträubten Federn an seinem Dreimeterschreibtisch und las Zeitung. Er schien ziemlich wütend zu sein. „Diese Journalistenbande wagt es, euren Onkel einen ,Großkapitalisten' zu nennen. Hier: ,Großkapitalist' … da, ,Großkapitalist', hier schon wieder … ,Großkapitalist'!“
„Aber du b i s t doch ein Großkapitalist! Du bist die reichste Ente der Welt. Dir gehören Banken, Hochhäuser, Fabriken, Eisenbahnen und auch das Haus, in dem wir wohnen", entgegnete Tick. „Ja", sagte der Große Onkel, „aber die dürfen mich nicht so nennen. Denn sie meinen das böse. Wenn mich in den alten Zeiten jemand, der mich kannte, nach meinem Beruf fragte, dann sagte ich stolz: ,Ich bin Kapitalist.' Aber seit dieser deutsche lhrwisstschonwer mit dem dicken Bart das schlimme Buch geschrieben hat, ist ,Kapitalist' Schimpfwort, das nur Panzerknacker und Panzerknackerfreunde benutzen. Sie wollen nichts als meine Taler haben, d.h. sie wollen mir ans Leben. Was für Zeiten!“ „Du kannst doch Schadenersatz verlangen, wenn du dich diskriminiert fühlst, Onkelehen!“ meinten die Kinder. „Schadenersatz? Kann man das?“ fragte – der Onkel interessiert. „Das Große Murmeltier aus unserer Pfadfindergruppe hat gesagt, die Ururenkelkinder von Mark Twain, der Tom Sawyer geschrieben hat, müssten viele Millionen zahlen, weil in dem-Buch Huckleberry Finn – du weißt, das ist der Freund von Tom Sawyer - mehr als 200 mal das Wort ,Nigger' vorkommt. Und das Buch darf darum in der Schule auch nicht mehr gelesen werden.“ „Millionen?“ fragte der Große Onkel mit $-funkelnden Augen. Mr. McDuck ließ sich die Bestimmungen über Political Correctness kommen. Mit Genugtuung stellte er fest, dass er das Recht hatte, sich durch das Schimpfwort .. Kapitalist“ diskriminiert zu fühlen. Er gehörte zu einer bedrohten gesellschaftlichen Minderheit: Da er fortwährend andere Firmen aufkaufte, wurde die Konkurrenz immer schwächer. Es gab zwar eine Menge Manager, aber immer weniger Unternehmerkapitalisten. Die übriggeblieben waren, hatten 'gegen die Unverschämtheiten der Gewerkschaften zu kämpfen. Und gegen die Panzerknacker natürlich. Mr. McDuck diktierte seinen ersten Brief in Sachen Political Correctness: „… teile ich Ihnen hierdurch tiefbetroffen mit, dass ich mich durch Ihre Verwendung des Schimpfausdrucks ,Großkapitalist' in übler Weise diskriminiert und seelisch und körperlich bedroht fühle. Als Angehöriger einer bedrohten Minderheit fordere ich hiermit Schadenersatz in Höhe von 10 Mio. Talern. Zahlbar sofort ohne Abzüge.“ Onkel Dagobert hielt einen Moment inne. Dann setzte er noch eine 0 an die 10.

(Zitate: Frankfurter Rundschau, 17.6.1995)

How Uncle Scrooge got on the dog

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„Rawuff, rrrawuff, rrrrrrawuff.“
„Pfui, Gero, pfui! Das ist doch nur der liebe Mr. McDuck!“
„Was heißt hier ,pfui'! Und ,nur'!“ krächzte Onkel Dagobert (die reichste Ente der Welt) erbost. „,lieb' lasse ich mir gefallen. Da haben Sie recht. Wer sind Sie überhaupt?“
„Porcupine Junior, Herr McDuck. Ich heiße Porcupine und …“, stotterte der blutjunge Milliardär, ein Neuling im Very VIP's Club. (VVC) „Ist das ein Rassehund?“ fragte der alte Onkel streng.
„Das will ich meinen: Gero von Bismarck! Sitz, Gero!“ und das Software-Jüngelchen beugte sich aus seinem Lederfauteuil zu der kalbsgroßen Dogge hinunter, die zu seinen Füßen im knietiefen Perser lag und an einem Kunstknochen schleckte. „Und der andere da auch?“ fragte der Große Onkel. „Hasso von Pappenheim, ein wunderbarer …“, aber Hasso war schneller. Kaum hatte er seinen Namen vernommen, war er aufgesprungen und hatte mit seinem Schwanz das Wiskeyglas vom Rauchtisch gefegt. „Pfui, Hasso, pfuif“ rief der junge Porcupine, und von Pappenhein blickte treu und wedelte heftig.
„Was fressen die denn so?“ fragte der Onkel interessiert. „Nur Lende vom argentinischen Rind, Mr. McDuck. Hin und wieder taufrische Gänseleber wegen des Blutes. Kein Gemüse selbstredend.“
Solche Hunde sind doch wohl zu teuer für mich, dachte der Talertrillionär und watschelte zu seinem Ohrensessel, um sich in die Financial Times zu vertiefen.
Das waren so die Gespräche, die er führte, außer natürlich mit Mr. Dow und Mr. Jones, seinen ständigen Begleitern, die auf ihren Klappstühlchen dicht in seiner Nähe hockten und über Börsenkurse tuschelten. Auch die liebten ihn nicht, nein. Niemand liebte ihn. Donald? Onkel Dagobert machte sich über seinen stets arbeitslosen Neffen keinerlei Illusionen. Der Tropf wollte ihn beerben! Und verdrehte nicht Daisy immer verzückt die Augen, wenn er den Talerberg erwähnte? Das macht misstrauisch. Und Vetter Gustavs Getue: Onkel Dagobert hatte es längst durchschaut. Dieser Casanova sah so recht nach Schulden aus. Er würde sie irgendwann bezahlen müssen. Konnte er seinen reichen Onkel wirklich lieben? Blieben da noch, von Oma Duck abgesehen, die drei kleinen Cleverle, seine Großneffen Tick, Trick und Track. Intelligente Buben, keine Frage. Aber gerade darum mussten sie sich wohl Gedanken machen, wie sie im Leben einmal schneller vorwärts kommen könnten als die anderen! Wie aber startet man artJ schnellsten? Als Tellerwäscher? Heute? Nein, als Erbe mit Geld. Und wer hatte das Geld in der Familie? Nun er, der große Onkel hatte es. Konnten die Kinder ihn dann ohne Nebengedanken liebhaben, einfach um seiner selbst willen? Nein, das konnten sie nicht. Niemand liebte ihn.
Und darum wollte der große Onkel einen Hund haben. Das Tier heißt „Baldur". Onkel Dagobert ist ein nüchterner Mann. Daher ist sein Hund kein zappeliges Windspiel und kein blutrünstiger Kampfhund wie ihn die Panzerknacker bevorzugen, sondern ein grundanständiger, seriöser Bernhardiner. Sagt der große Onkel „Pfui", lässt Baldur alles fahren, was er gerade im Maul hat, sagt der Onkel „Sitz!“, setzt sich das Tier tatsächlich auf seine fünf Buchstaben und gibt die Bärenpfote jedem, der sie zu schütteln wagt. Sagt der alte Onkel aber „Fass!“, dann sollten Sie mal sehn, wie der starke Baldur von Ehrenstein dem nächstbesten Panzerknacker an die Waden geht! Onkel Dagobert ist zufrieden. Er und Baldur sind unzertrennlich geworden, wirkliche Freunde. Das Tier liegt entweder vor Onkel Dagoberts Schreibtisch oder auf der Schwelle zum Geldspeicher. Und wenn Mr. Dow. und Mr. Jones vom Parketthandel an der Börse kommen, um Bericht zu erstatten, knurrt Baldur, ob aus Sympathie, weiß man nicht genau. Baldur ist geduldig und hört sich, ohne mit der Wimper zu zucken, Onkel Dagoberts Tiraden über die Panzerknacker, über die Börse, über das Wetter und über die undankbare Familie an. Baldur ist immer dankbar. Und treu. Und aufmerksam. Und anspruchslos. Ein guter Hund. „Hunde sind besser als Enten!“ bemerkte Onkel Dagobert zu Mr. Porcupine Junior im WC. „Und Menschen! Auf jeden Fall!“ nickte der Jungmilliardär eifrig. „Man sollte daraus die Konsequenzen ziehen", meinte der Onkel. „Konsequent ist immer gut", pflichtete Mr. Porcupine zu und blickte vom „Economist“ auf, wobei ihm das darin eingelegte Pornoheftchen herausrutschte. „Pfui, Gero, pfui!“ rief Mr. Porcupine feuerrot, und Gero von Bismarck blickte schuldbewusst.
Pico, der Konzernphilosoph, der, der seit Jahren an der Corporate Identity von Ducks International werkelte, hat im übrigen die ehrenvolle Aufgabe, den großen Onkel, der wegen Geldverdienens in seiner Jugend der Schule fernbleiben musste, etwas Allgemeinbildung beizubringen. Täglich von acht bis neun. zuletzt hatte der seinen Arbeitgeber mit des Suetonius' Bericht über Kaiser Caligulas Angewohnheit erfreut, sich hin und wieder in Gold zu wälzen. Obwohl der große Onkel nicht gern in einer Angelegenheit der zweite zu sein wünschte: Caligula war schließlich Kaiser eines Weltreiches gewesen. Außerdem war es lange her. Heute berichtete ihm Pico nun Caligula „habe vorgehabt, sein PFerd zum Konsul zu machen",* worüber die alte Ente herzlich lachte. Nachmittags wurde der Onkel nachdenklich. Seit DaimlerBenz und Chrysler fusioniert haben, wissen wir, dass ein Chairman in den U.S.A. das siebenfache eines deutschen Aufsichtsratsvorsitzenden verdient. Im Falle Megamanager Schrempf, der hierzulande auf 3 Mio. geschätzt wird, ist das eine stattliche Summe. Nun begab es sich, dass auch Mr. Duck einen Chairman für seinen Weltkonzern brauchte, ein Amt, das er bisher stets selbst versehen hatte. Nach langem Grübeln hatte er den Entschluss gefasst. Mr. Dow und Mr. Jones berichteten mit einander überschlagenden Stimmen, die Nachricht habe an der Börse wie eine Bombe eingeschlagen. Und sie legten dem Onkel die druckfrischen Financial Timesauf den Schreibtisch. ln dicken Balken war dort zu lesen: „MCDUCK ERNENNT HUND ZUM CHAIRMAN SEINES KONZERNS".
Baldur von Ehrenstein, der riesige Bernhardiner des Talertrillionärs Dagobert McDuck, hat seit gestern den Vorsitz des Aufsichtsrats von Ducks International übernommen. Der Kurs der Aktien des global operierenden Konzerns ist seit dieser Entscheidung um 20 Prozentpunkte gestiegen. Kommentatoren werten McDucks Entscheidung als Schritt in die richtige Richtung. Der Vorsitzende des Börsenvereins von Ducks City: „Das ist ein Triumph des Neo-Liberalismus. Hätten wir überall Hunde im Aufsichtsrat, könnte das Kapital endlich weltweit fließen, wohin es fließen will. Das heißt in Onkel Dagoberts Tresor. Der Onkel war sehr erfreut. Denn er hatte das gewaltige Gehalt für den Aufsichtsratsvorsitzenden gespart. Neben ihm saß ein Hund, der ihn wirklich liebte und zu allem „wuff“ sagte. Und wenn es nottat, konnte Baldur auch zupacken. Neulich hat er Bill Gates in den Hintern gebissen. Ein braver Hund, der aufs Wort gehorchte.

* Suetonius: Cäsarenleben

How Uncle Donald realized himself

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„Selbstverwirklichung ehe es zu spät ist.“ Was sollte das heissen? Onkel Donald ließ die Zeitung sinken und versuchte zu grübeln. Davon wurde ihm aber übel, sodass er in den Schuppen gehen musste, wo der Jim Beam steht (im Blumentopf). Er würde abends die Kinder fragen. Aber
er musste es so anstellen, dass sie nicht merkten, dass er keine Ahnung hatte, was „Selbstverwirklichung“ ist. „Pah!“ machte er darum beim Abendbrot in gespielter Empörung.
„Selbstverwirklichung! Wieder so ein Modewort der Journalisten!“ Die drei Cleverle blickten einander an. Dann sagte Tick: „Also, wir finden den Ausdruck ganz okay.“ „Weil ihr alles nachplappert und noch keine eigenen Gedanken im Kopf haben könnt – in eurem Alter.“ meinte der Onkel listig. „Selbstverwirklichung, das ist dasselbe wie der altgriechische Spruch: „Werde, der du bist.“ erklärte Tick etwas gekränkt. „Aha!“ meinte der Onkel. „Das heisst: Du bist eine kleine dumme Ente und du bleibst eine kleine dumme Ente. Nicht gerade ein rosiger Spruch.“ „Aber Du verstehst das falsch, Onkelehen: Wenn man werden soll, der man ist, dann soll man seine Anlagen entwickeln, man soll was aus sich machen, damit man zu dem wird, was man seinen Talenten nach ist,“ erklärte Tick – der mit dem Riesen-IQ. „Aber man kann natürlich kein anderer werden. Aus deiner Entigkeit kommst du nicht raus.“ ergänzte Trick, und Track sagte: „Genau.“
Der Onkel schüttelte den Kopf, als könne er von den unmündigen Argumenten kleiner Erpel grundsätzlich nicht überzeugt werden. Tatsächlich aber war er sehr beunruhigt. Er nahm sich nochmal den Artikel vor und las dort: „Was hast du heute aus dir gemacht?“ Heute? Verdammt noch eins. Gar nichts. Er hatte nur so rumgesessen. Was waren denn seine Talente? Und Onkel Donald verfiel wieder in einschläferndes Grübeln. Er war zwar mit sich ganz zufrieden: Er konnte lesen, schreiben, addieren, Autofahren, aber Talente? Onkel Dagobert, der besaß zweifellos das Talent zum Talermachen. Selbstverwirklichung bedeutete hier: Aus lauter Geiz die reichste Ente der Welt werden. Oder Vetter Gustav, der hatte das Talent, sich alles in den Schoß fallen zu lassen: Lottogewinne, Brillantcolliers, kesse Enten, Gratisreisen undundund. Und Daniel Düsentrieb, der geniale Erfinder? Schon als Kleinkind hatte er sein Laufställchen verbessert und die Erfindung später patentieren lassen (es handelt sich um den schwimmenden Laufstall „Wulle“.) Aber er, Donald? Die Vorstellung, das Unaussprechliche könnte geschehen („ehe es zu spät ist“) und er hätte sich nicht selbstverwirklicht, jagte Onkel Donald einen Schauer durchs Gefieder.
Als die Kinder von der Schule nachhause kamen, saß der Onkel nicht wie sonst vor dem Fernseher und las Comic-Heftchen. Dafür rumpelte es im Geräteschuppen. Sie hörten Poltern, Hämmern und Fluchen. Durch ein Astloch beobachteten sie ihren Onkel beim Bau einer merkwürdigen Vorrichtung: Er hatte ein paar Autofelgen an Seilen zu ziehen . Er saß auf einem alten Autositz und stemmte beide Füße gegen zwei Pfosten, die er am Dach und Fußboden verkeilt hatte. Tick, Trick und Track sahen einander ernst an. „Denkt ihr, was ich denke, Brüder?“ fragte Tick. Die Brüder nickten. Sie beschlossen, zu gehen und den Mund zu halten. Denn ihr Onkel ist jähzornig.
Als sie eines Tages die letzte Stunde schulfrei hatten und früher nachhause kamen, konnten sie ihren Vormund durch das Astloch trainieren sehen. Schwitzend zog er an den Seilen mit den Autofelgen dran. Dann ließ er sie wieder langsam absinken. Dann zog er sie wieder hoch. Dann ließ er sie wieder runter. Davon bekam er einen feuerroten Kopf. Er hatte ein Trikot an, vorne mit dem Wappen von Superman drauf. Abends schlief der Onkel bei der Sportschau ein, sodass die Kinder noch im Garten herumtoben konnten.
Onkel Donald aß nicht mehr Spinat und Spiegeleier wie sonst, sondern löffelte aus großen Büchsen SUPER PROTEIN, POWER PLEX, AMINO KOMPLEX 2000, CREATINE PLUS und SUPER KILO-PLUS WEIGHT GAINER.
Während er Unmengen von weissem Zeug in seinen Schnabel schaufelte, las er in einem Prospekt, in dem die Kombination einer „Bauchmaschine“, „Rudermaschine“ und „Abduktionsmaschine“ abgebildet war. Dabei nickte er ein.
Eines morgens beim Frühstück fragten ihn die Kinder vorsichtig: „Machst Du Fortschritte, Onkel?“ Der Onkel nickte nur. CREATINE PLUS verklebte ihm die Zunge. Doch dann sprudelte es aus ihm heraus: „Ich möchte an mich selbst glauben. Ich will ein großes Ego entwickeln. Ich will selbst der Most Muscular Man werden und den Preis für die besten Bauchmuskeln erringen. Ich will gewaltige Schultermassen aufbauen und große monströse Arme und definierte Beine kriegen, Deltamuskeln wie Kanonenkugeln und tiefeingeschnittene Bauchmuskeln. Ich werde ein begnadeter Poser sein. (Die Posing-Musik wird der Bolero von Ravel). Ich werde ein Eisenmann und Arnold mit athletischem Handschlag begrüßen. Und, ihr könnt es mir glauben, ich werde elegant auftreten.“ Der Onkel sagte das im Ernst.
Nachdem er viele Büchsen leergegessen und jeden Tag im Schuppen hart an sich gearbeitet hatte, begann er bei Tisch versehentlich den Löffel zu verbiegen. Als er ein Schluck Wasser nehmen wollte, hat er die Flasche fast erwürgt. Von der Kaffeetasse brach er regelmäßig den Henkel ab. Seinem Auto (das aussieht wie ein Trabi-Cabrio) hat er den Schalthebel ausgerissen. Man sah, dass er überall deltaförmig wurde. Er bekam einen Schwollhals und kleine Augen. Sein Ego war wirklich ziemlich groß geworden. Wenn ihn von hinten jemand an hupte, bremste er, stieg aus, hob das gegnerische Auto an der Stoßstange hoch und ließ es wieder auf die Räder fallen. Einmal saß in einem solchen Auto zufällig Vetter Gustav, der schöne Mann der Familie. Er hatte aus Familiensinn gehupt. Als er sich seinen Hut wieder aus dem Genick zurückgeholt hatte, rief er entgeistert:
“Guter Gott! Wie du aussiehst!“ Und erzählte es brühwarm Daisy: “Er sieht aus wie kurz vorm Platzen. Er trägt ein T-Shirt. Auf den Oberarmen hat er Adern wie ein Pferd.“ Daisy, die sich zwischen Gustav und Donald nie entscheiden kann, schüttelte sich. „Du meine Güte!“ Und sie rief Donald nicht mehr an. Einmal kam Onkel Dagobert vorbei. “Dein Kopf scheint mir irgendwie kleiner geworden, mein Junge“, bemerkte er. “Ich bin jetzt besser proportioniert, Onkel,“ sagte Donald stolz. „Ich habe den Bizeps zum Quatrozeps verdoppeln können, fühl mal.“ „Sehr gut! Fein, und nun komm zum Talerputzen!“ Da Donald an sich glaubte und schon ein großes Ego hatte, wandte er ein: „Es ist Sonntag.“
Der Große Onkel bekam einen schmalen Schnabel, seine Augenbrauen zogen sich deltaförmig zusammen. Und er griff zu einem Stock. „Komm sofort zur Arbeit, du fauler Erpel, geborener Schuldner, der du bist.
Nichts im Kopf, aber Mietschulden, die Autorate nicht bezahlt und auch der Eisschrank gehört noch mir. Nun aber los!“ Donald zog sich die neue Matrosenjacke an (XXXL), zerbrach ein Glas in der Faust und watschelte hinter dem Erzkapitalisten her. Dann setzte er sich auf den Talerberg und wienerte die Taler, aber er verbog dabei einen nach dem anderen. Das leistete er sich.

Zitate: Sportrevue 6.7.1998

Spaghetti food with family Duck

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„Ich weiß nicht, mein lieber Donald,“ meinte Daisy Duck pikiert, „die Essmanieren der Kinder sind nicht comme il faut.“ Onkel Donald schaute verwirrt von seinem Teller auf. Denn er hielt den Kopf tief über seine Spaghetti gebeugt, um den Weg vom Teller zum Schnabel zu verkürzen. „Was meintest du, Daisylein?“ „Die Essmanieren von Tick, Trick und Track! Sieh dir das an! Sie sind nicht so wie sie sein sollten! Schauderhaft.“ Nun richtete sich der Erziehungsberechtigte auf, warf einen strengen Blick. auf seine drei Mündel, denen links und rechts Spaghettienden aus dem Schnabel hin· gen, und schrie im höchsten Erpelton: „Ihr fresst wie die Bassottini!“ Und dazu haute er auf den Tisch. Die Bassottini sind die Kinder der Bassotti, der italienischen Fraktion der global operierenden Panzerknackerbande. Anstelle des Messers liegt bei letzteren ein Ballermann neben dem Teller. „Donald, bitte!“ mahnte Daisy, „Bitte nicht bei Tisch, solche Wörter!“ Es heisst ,speisen'!“ „Ihr speist wie die Bassottini!“ schrie Donald artig. Doch jeder konnte sehen, dass er selbst wie ein Bassotto - speiste. „Nehmt euch ein Beispiel an Vetter Gustav!“ flötete Daisy. Ja, der schöne Gustav weiß, wie man Spaghetti isst. Er zieht nur immer drei oder vier, höchstens fünf aus dem Teller, wickelt sie elegant um die Gabel, die er mit den Zinken zart an der Schlürfseite eines Esslöffels abstützt, und führt alsdann das fest gewickelte Päckchen ohne den geringsten Spritzer in den Schnabel ein, wobei er den kleinen Finger ein wenig abspreizt, um die Balance der Hand zu halten. (Wegen dem schweren Goldring, den er im Foyer des Hotel Ritz gefunden hat. Denn bekanntlich ist er der begabteste Glückspilz von Ducks City.) Dem alten Onkel Dagobert ist Benimm schnurz. „Spaghetti, das ist etwas für Italiener“ hat er einmal gesagt, und: „Ich bin eine amerikanische Ente.“ Tatsache ist, dass der Welt mächtigste Konzernente, die mit Charlie Chaplin durch den Wilden Westen gewatschelt war – sie hatten die letzte Schuhsohle geteilt und mit Behagen sogar die Schuhnägel abgelutscht – jetzt stets eine Alu-Büchse mit 2 Hamburgern aus der konzerneigenen Imbisskette mit sich führt. (Seit kurzem nicht mehr McDonalds, sondern McDagoberts.) Daisy schaudert' s, wenn der reiche Onkel den Hamburger mit beiden Goldgräberfäusten zusammenknautscht, bis der Ketchup spritzt, mit den zwei Zählfingern an dem Salatblatt zieht oder auch schon mal extra was „fast food“ herausflutschen lässt. Während die Kinder mit den Gabeln herumfuhrwerkten und Donald die Spaghetti vom Teller saugte, um möglichst viele auf einmal hineinflitzen zu lassen - er wollte es endlich hinter sich bringen –, speiste Vetter Gustav gewandt unter Daisys wohlwollendem Blick. Er sagte mit der ihm eigenen Vornehmheit: „Wenn Daisy es wünscht, bringe ich es euch bei, Kinderchen.“ Tick, Trick und Track runzelten die Augenbrauen. Sie essen fürs leben gern Spaghetti mit Tomatensoße, aber so, dass es Spaß macht. Zuhause machen sie immer große Spaghetti-Feste: Alle, auch Donald, ziehen ihre Spaghettischürzen an. Zum Glück ist alles gekachelt. Hinterher machen sie gemeinsam sauber. Aber ihr Lieblingsgericht unter Zwang essen, nein! „Es gibt auch eine hübsche Belohnung!“ lockte Tante Daisy. Belohnung? Das ließ sich hören. „Selbst wenn ich ganz allein auf einer verlassenen Insel ausgesetzt wäre, würde ich mich – vorausgesetzt, ich hätte meine Sachen dabei – zum Souper grundsätzlich umziehen.“*
erklärte der schöne Gustav den Kindern. Er hat zweifellos so vollendete Manieren wie Oskar Wilde, der berühmte Dichter und Oberdandy. „Hähä, zur Suppe umziehen!" höhnte Donald eifersüchtig und böse. „Zum Souper, du ungebildeter Mann!" schalt Daisy gutmütig und warf Gustav einen vielsagenden Blick zu. Gustav lud die Kinder wirklich in seine delikat ausgestattete Junggesellenwohnung ein, wo es von erlesenen Kostbarkeiten nur so wimmelt, denn Gustav hat einen unanfechtbar sicheren Geschmack. Dort brachte er ihnen höflich das elegante Speisen bei. Daisy war dann über den guten Benimm der Kinder ganz aus dem Häuschen. „Sind sie nicht süß, die drei!" rief sie entzückt. Nun aß nur noch Onkel. Donald „wie ein Bassotto“. Und der alte zahnlose Dagobert verzehrte seinen ledernen Hamburger laut schmatzend nach Westernart Zur Belohnung lud Tante Daisy die Kinder ins „Da Rudolfo" ein, zum vornehmsten Italiener von Ducks City. Als sie gerade Platz nehmen wollten; bemerkte Trick: „Da hinten sitzen Bassottini!" Tatsächlich, an einem großen Tisch in der Nähe der Küche saßen eine Menge Bassottini und auch ein paar große Bassotti dabei. Sie hatten die Ducks längst erkannt und grüßten hohnvoll mit der Gabel. Einer vollführte verdächtige Bewegungen mit dem Messer. übrigens machten sie 'solch einen Krach, daß Daisy sich beim Ober beschwerte.
Alle Ducks bestellten sich, also es ist wahr, sie bestellten sich alle Spaghetti. Ausser Onkel Dagobert. Er hatte seinen Zylinder.unter den Tisch gestellt und zum Missvergnügen des Obers bereits laut mit dem Verzehr seiner Mitbringsel begonnen. „Und was wünschen Sie zu speisen, Signore?" fragte der Ober. „Ich?" schmatzte der Große Onkel, „ich esse prima Hamburger aus eigener Herstellung." „Hier müssen Sie etwas bestellen, mein Herr!" beharrte der Öber. „Hier? ln meinem eigenen Restaurant?" krächzte Onkel Dagobert. Denn, was der arme Ober nicht wusste, auch hier gehörte wieder alles der reichsten Ente der Welt. Inzwischen war Rudolfo, der Padrone, zur knietiefen Entschuldigung herangeeilt. Dann wurden die Spaghetti serviert und die Ducks begannen hochelegant zu speisen. Kein Schlürfen, kein Spritzen. Nur Onkel Donald hielt den Schnabel direkt am Tellerrand. Aber das gleichmäßige Schmatzen des zahnlosen Alten war nervend. Daisy hielt es nicht mehr aus. „Hier schmatzt was!“ rief sie angewidert und blickte stechend. Die alte Hochfinanzente schien nichts zu merken. „Hier schmatzt was!" wiederholte Daisy spitz. Und da, wer hätte ihm diese Feinfühligkeit zugetraut, erhob.sich der alte Onkel, klaubte die verstreuten Reste seiner Hamburger zusammen und ging. „Aber Onkel Dagobert!" riefen die Kinder, „Wohin gehst du?" Der alte Onkel schlurfte zwischen den vollbesetzten Tischen hindurch, seine Alu-Büchse in der Hand, nickte zu Rudolfo hinüber und: Tante Daisy griff sich ans Herz, Gustav verlor die Serviette und der cholerische Onkel Donald haute wie immer mit der Faust auf den Tisch. Denn der mächtige Konzernherr setzte sich, nichtzufassen, mitten unter die Bassotti, die zum Essen ihre Augenbinden an die Garderobe gehängt hatten und ihn johlend begrüßten. Die Bassottini quietschten vor Vergnügen, Rudolfo lachte, und am Tisch der Bassotti ging es hoch her. Hin und wieder wandte eifrig Bassottino sich um und drehte den Duck seine lange Nase. „Unerhört!" empörte sich Daisy. „Nicht die Spur von Benimm!" „Sie passen ja gut zusammen," meinte Gustav und hob die Brauen. „Ja," sagte Tick mit dem Riesen-IQ. „Die interessieren sich alle unbestreitbar für dasselbe und nur für das eine: Taler." „Aber unser Onkel klaut doch nicht!" wandten seine Brüder ein. „Nicht direkt," erwiderte Tick betrübt. Tick ist ein wirklich kluger Junge und wird vermutlich dereinst den weltumspannenden Konzern führen.

* Oskar Wilde

Why Uncle Scrooge doesn’t have a mobile phone

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Gustav Gans (der „schöne Gustav") gehört zu den ersten in Duck's City, die mit einem Händy herumlaufen. Man sieht ihn lächelnd am Tresen von „Charly's“ lehnen, die Linke lärmschützend über dem unbenutzten Ohr, oder er telekommuniziert auf der Rolltreppe von „Duck's All“. Sogar auf der Herrentoilette dieses größten Kaufhauses in Duck's City hat er sein Ohrly* zur Hand. Er sagt, er braucht das, um für Daisy immer erreichbar zu sein.
Daisy Duck ist bekanntlich die schönste Ente der Stadt, und man weiß, daß sie sich zwischen Gustav und Donald nicht entscheiden kann. Gustav ist amüsant, gebildet, fast schon ein bißchen europäisch, aber eben ein Glücksritter. Donald hat dagegen, obwohl meistens arbeitslos, den sex appeal eines echten republikanischen Erpels: treuherzig, jähzornig, zupackend. Eben ein Kerl wie aus einem Western. Er geht wie John Wayne. Nicht gewußt? Doch, Donald geht wie John Wayne. Aber sein Auto sieht aus wie ein Trabi. Für Donald ist es · ein schwerer Schlag, als er hört, daß Gustav mit übergeschlagenen Beinen im „Charly's“ sitzt, „Cola on the rocks“ trinkt und stundenlang mit Daisy teleplauscht. Was bleibt ihm da anderes übrig, als sich auch ein Calli* anzuschaffen?
„Jetzt läuft auch Onkel Donald mit so einem Yuppielutscher* rum,“ meint Tick zu seinen Brüdern, als sie sich zum Zeitungsaustragen aufmachen.
„Dabei ist er doch wirklich kein Yuppie!“ pflichtet Trick bei. Onkel Donald kann den Kindern natürlich nicht zugeben, daß er in Daisy unsterblich verknallt ist. Auf keinen Fall. Dabei weiß das sowieso jeder. So legt er sich eine andere Erklärung dafür zu, daß er nun dauernd ein Porty* mit sich herumträgt.
„Der moderne Erpel,“ führt er am Frühstückstisch aus, „braucht ein Sacki*, um immer überall erreichbar zu sein. Je wichtiger eine Person ist, um so erreichbarer muß sie sein, klarer Fall!“ „Das sieht man am amerikanischen Präsidenten!“ sagt Tick. „So ist es!“ meint Onkel Donald. „Über das rote Telefon ist er zu jeder Tageszeit für jeden Bürger erreichbar.“ „Und Nachtzeit!“ ergänzt Tick. „Und Nachtzeit! Genau !“ bestätigt Onkel Donald und fährt fort: „Was sollen die Leute machen, wenn sie mich wegen der alljährlichen Säuberung des Swimmingpools um Rat fragen wollen, oder wie man am besten eine Katze vom Baum holt, oder den Rasenmäher repariert, oder die Steuerformulare korrekt ausfüllt, oder das Wasser aus dem Keller pumpt oder ... “
„Oder wie man Kinder erzieht,“ unterbrach Tick den Onkel. „Werdet nicht ironisch! Glaubt ihr etwa, ich wüßte nicht, wie man euch erzieht?!“ fährt Onkel Donald auf und greift hinter sich, wo der Teppichklopfer lehnt.
„Nicht hauen, Onkelehen. Du bist der geborene Pädagoge!“ sagt Track. „Du siehst doch, wie gut wir geraten sind. Alles dein Verdienst! Ohne deine enormen Fähigkeiten wären wir wahrscheinlich wie die Bassottini geworden!“
Die Bassottini sind die Panzerknackerkinder. Sie sind böse und tragen schon mit'3 Jahren Verbrecher-Augenbinden. Onkel Donald hat sein Griffi * immer bei sich, in einem Lederhalfter wie ein Sheriff, damit er es schnell ziehen kann. Manchmal, sagt er, komme es beim Telefonieren auf Sekunden an! Er bekommt tatsächlich einen Anruf von Daisy, aber eben nicht oft genug, denn meistens plaudert sie, wie gesagt, mit dem schönen Gustav. Aber sogar der findet, daß er viel zu wenig angerufen wird, wo er doch das Trendy* hat, in Elfenbein und Rosa. Überall in Ducks City sitzen inzwischen Männer mit ihrem Akser* (akkuunterstützter Sprachübermittler) in der Tasche und warten darauf, daß es piept. Manche haben noch einen LapTop in der Hosentasche, ein Schweizer Offitierstaschenmesser mit Lupe und Wasserstandsanzeiger. Neidisch schielen sie zu den hinüber, die schon einen Anruf bekommen haben. Sie können es kaum ertragen, wie diese Kerle in einen Be-em-weh einsteigen, ohne ihr Protzphon* vom Ohr zu nehmen. Immer haben sie diesen aufreizenden Ausdruck unerhörter Unersetzlichkeit im Gesicht. Das macht Gustav so ärgerlich, daß er eine Marktlücke findet.
Folgendes Inserat hat Onkel Donald im „Duck's Globe“ entdeckt: „Wollen Sie Ihre Geschäftspartner oder Ihre Freundin einmal auf besondere Weise beeindrucken, treten Sie mit ,Call Services' in Kontakt. Nach Vereinbarung eines passenden Gesprächsthemas rufe ich Sie zu jeder Tageszeit an. Vertrauenssache. Zivile Preise. Nachtzuschlag. Call Services, Ducks City, Tel. 1234567". Dahinter steckt natürlich Gustav. Aber Donald weiß das nicht.
Gustav sitzt nun wie immer bei „Charly's", trinkt seinen „On the Rocks", flirtet mit den flotten Enten, und erledigt seine Anrufe gegen eine stattliche Gebühr. Tatsache ist: Er ist ausgebucht. Auch Donald möchte sich gerne einmal (oder zweimal) von Call Services anrufen lassen, damit ein bißchen mehr Wichtigkeit in sein Leben kommt.
Aber das ist teuer. Darum versucht er den steinreichen Onkel Dagobert in seinem Geldspeicher anzurufen. Vielleicht macht der ein paar Mäuse locker, einfach so, kann ja sein.
„Duck’s International, was kann ich für Sie tun?“ flötet eine Teledame. Und als Donald ihr sagt, er will Onkel Dagobert sprechen, sagt sie, ich verbinde Sie weiter, dann ertönt die Konzernmelodie und Donald befindet sich auf der Warteschleife. Dann meldet sich eine zweite Damenstimme: „Duck's International, was kann ich für Sie tun?“ Und als Donald sagt, er will Onkel Dagobert sprechen, sagt sie, ich verbinde Sie weiter, dann ertönt die Konzernmelodie und Donald sitzt wieder auf der Warteschleife. Schließlich hat er eine der vier Vorzimmerdamen am Apparat: „Tut mir außerordentlich leid, Herr Duck, Ihr Onkel ist im Augenblick unabkömmlich. Er nimmt gerade ein Talerbad. Wollen Sie es später noch einmal versuchen?"·
Donald rammt sein goldgesprengeltes Poteko* (portable Telekommunikationseinheit) ins Halfter und geht in den Schuppen, wo die Gartengeräte stehen. ln einem leeren Blumentopf ist Jim Beam. Dann ruft er Daisy an, bei der es ausnahmsweise einmal nicht besetzt ist, und fragt sie, ob er sie Sonntag vielleicht zu einer Tour ins Marlboro Country abholen dürfte. „Wenn die Sonne scheint,“ sagt er, „könnten wir offen fahren.“
Daisy will sich nicht festlegen. Sie hat ja sooo viele Verpflichtungen! Aber schließlich willigt sie ein, weil sie Donald eigentlich sehr nett findet. Was für eine männliche Stimme er hat! Und tatsächlich, es scheint die Sonne. Als sie im Oldtimer die Landstraße entlangzuckeln, legt Donald den Arm um Daisy's Schulter. Daisy seufzt, macht das Radio an, und sie hören schöne Country- Musik. Donald hat Herzklopfen. Heute muß es ihm gelingen, Daisy zu küssen - richtig zu küssen, wie im Kino, da piept es. Donald zieht stolz sein Anrufli* aus dem Halfter, da krächzt Onkel Dagoberts wohlbekannte Trillionärsstimme aus der Muschel: „Donald? Komm sofort zum Talerputzen! Es ist schon nach 11.00!“
„Daisy, ich muß …“ sagt Donald geknickt. „Kannst du Onkel Dagobert nicht absagen?“ fragt Daisy.
„Ich bin zu wichtig, Daisy! Er kommt ohne mich nicht zurecht."

* Synonyme für Handy: Originalvorschläge an die Gesellschaft für deutsche Sprache, Wiesbaden, FR, 6. 11. 1996

The Duck family and ecologically correct awareness

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Wieder so ein virtueller Tag in Ducks City. „Los, wir spielen Rattenfänger von Hameln!" rief Track. „Ich bin die Mäuse!" schrie Trick und beide sausten zur Tür. Fast rannten sie ihren Drillingsbruder Tick um, den mit dem höchsten IQ in der Familie. „Ist schon wieder kein Recyclingpapier auf dem Klo!" sagte er ernst. Das brachte seine übermütigen Brüder auf den Boden der Tatsachen zurück. Entschlossen, ihrer Empörung Ausdruck zu verleihen, watschelten Talertrillionär Dagobert Ducks drei kleine Erbneffen ins Wohnzimmer, wo ihr Onkel Donald seine Comics las.
„Es ist schon wieder kein Recyclingpapier auf dem Klo!" beschwerten sie sich im Chor. „Seid ihr übergeschnappt?" fuhr Onkel Donald auf. „Jetzt muß man sogar das Klopapier recyceln. Euer Resteverwertungsfimmel ist ja schlimmer als Onkel Dagoberts Sparwut!" „Er hat es nicht kapiert!" flüsterte Track Bruder Trick ins Ohr und Bruder Tick erklärte mit geduldiger Miene: „Das Klopapier soll doch nicht recycelt werden, Onkelehen, sondern wir fordern recyceltes Klopapier. Das normale ist ökologisch nicht korrekt!" „Ökologisch nicht korrekt! Ha! Ich werde zur Furie!" brüllte der Onkel und sprang aus dem Sessel, um den Teppichklopfer zu holen. „Los, Brüder, machen wir den Schuh! " riefTick, und die drei Cleverle brachten sich schleunigst in Sicherheit.
Die Erpeldrillinge haben ein Diplom in Umweltbewußtsein. Nach einem vom Vorsitzenden ihrer Pfadfindergruppe „Fähnlein Fieselschweif" veranstalteten GrundKurs in Umweltkunde war es ihnen wie Schuppen von den Augen gefallen. Die Abschlußprüfung bestanden sie mit Auszeichnung. Ihre erste große Aktion, die auch im Fernsehen kam, war dann das gemeinsame Kippenstechen in Maribora Country gewesen. tiber zweihundert Pfadfinder waren zu dem Wettbewerb gekommen. Wer die meisten Kippen gestochen hatte, war Sieger. Den Grand Canyon um die Wette sauberzumachen, war ein Mordsspaß, zumal man ein Abzeichen gewinnen konnte, das an den Pfadfinderwimpel genäht wird. (Krebs, nein danke!) Jedes Kind hatte einen claim bekommen, dessen Ecken mit weißen Steinen oder einem alten Rinderschädel gekennzeichnet war. Alle hatten einen Stock mit unten einer Stricknadel dran, und jeder hatte einen großen Sack. Und dann ging's rein ins Tal der Kippen. „Fonwostinktsnso?" (Raymond Queneau, Zazie in der Metro) fragte Track. Trick deutete nach oben. Dort saßen die alten Marlboro-Männer, hart am Rande des Abgrunds auf ihren hustenden Pferden und starrten aus ihren Ledergesichtern ins Tal. Die Kinder winkten ihnen zu, aber die Marlboro-Männer verzogen keine Miene. Sie starrten nur in das Tal, wo ihre Kippen herumlagen und hingen ihren Erinnerungen nach.
Die von den Erwachsenen versaute Welt wieder in Ordnung bringen, das fanden alle Kinder echt power. Als Trick zufällig einmal bemerkte, daß ihr Onkel seine Cola-Dosen nicht in den Altmetall-Container, sondern in den Papier-Container warf, und die ausgelesene „Dogs and Guns" in den Hausmüllcontainer mit den Küchenabfällen und die alten Knochen und vergammelten Pommes in den Kunststoff- Container, wo die PlastikFlaschen reingehören, und die Plastikflaschen in den Altkleider- Container und die alte Matrosenjacke aus dem Jahre 1939 in den Altglas-Container, wurde ihm blitzartig klar, daß ihr Onkel Donald ein Chaot ist. Er sagte es seinen Brüdern. Sie saßen lange im Kreis vor ihrem Wigwam im Garten und schwiegen wie die Indianer. .,Brüder, ich sage euch," meinte Tick nach einem tiefen Zug aus der leeren Friedenspfeife bedächtig: „Unser Erzieher ist ein richtiges Ökoferkel!" Dann verstummte er wieder und reichte die Pfeife weiter „Wow!" machten Trick und Track. Die Entenbrüder waren überzeugte Indianer. Denn Indianer waren für sie Menschen, die eins mit der Natur sind. Besonders gefielen ihnen darum Indianergeschichten, in denen sich Menschen in Tiere, Tiere in Pflanzen und so verwandeln können. Wo klar ist, daß alles in der Natur zusammengehört. Und wo sogar die Bäume sprechen können. Und natürlich waren sie Doktor-Dolittle-Fans. Könnte man den Onkel umerziehen? Einen Onkel, der sich mitten unter das Ozonloch auf den Liegestuhl legte und Putensteaks aß? Iihgitt! Einfach kannibalisch! Einen Onkel umerziehen, der die Hühnerknochen in die Altkleidersammlung warf und ein Vorkriegscabrio ohne Kat fuhr, das, falls es fuhr, große Stinkwolken in die Luft pustete. Einen Onkel, der keine Ahnung von C02 und FCKW hatte: „Mein Kühlschrank, ihr Müslibübchen, läuft nicht mit FCKW, sondern mit Strom! Kapiert?" schrie Donald. Oder: „Was scheren mich eure Kraftwerke! Bei mir kommt der Strom aus der Steckdose!" Soviel über des Onkels Bewußtseinsstand. Neandertalig! So beschlossen die Kinder, sich an Onkel Dagobert zu wenden. „Onkel Donald erzieht uns falsch!" verkündeten sie dem Familienoberhaupt, dem der Erfinder Daniel Düsentrieb gerade eine Maschine vorführte, „Wir sind es, die den Onkel erziehen müssen! Was ist das für ein Apparat da, Onkel?" unterbrachen sie ihre Klage und zeigten neugierig auf eine Art Tornister mit Propeller, den Herr Düsentrieb sich gerade umzuschnallen bemühte . „Das ist ,Acridiodea Caelica' oder die ,Himmelsschrecke"', erklärte Onkel Dagobert. „Es handelt sich um eine epochale Erfindung, die die Welt verändern wird." Der geniale Erfinder war nun dabei, sich merkwürdige Schuhe anzuschnallen. „Prallfederfüße," fuhr der Onkel fort. „Wenn der Reisende zu Boden kommt, holt er sich neuen Schwung." „Willst du damit sagen, daß man sich wie eine Heuschrecke vorwärtsbewegen soll?“ fragte Tick, der die Zusammenhänge mit seinem enormen IQ sofort erfaßt hatte. „Jawohl,“ bestätigte der Onkel. „Und wir werden mit dem Schreckhuber schneller auf dem chinesischen Milliarden-Markt sein als die Krauts mit ihren Drei-Liter-Autos. Milliarden sind ja mein Spezialgebiet. Denkt doch mal quantitativ: Jeder Chinese fängt täglich 10 Fliegen, und jeder Chinese pflanzt in sei nem Leben einen Baum. Könnt ihr euch vorstellen, was es allein in zehn Jahren dort für riesige Wälder ohne eine Fliege geben wird? Die Masse macht es. Und nun stellt euch vor, sechs Milliarden Chinesen bewegen sie~ nach Art des Heupferdchens fort! Alle Straßen leeren sich. Keine Abgase mehr, kein C02 steigt mehr in den Himmel, das Ozonloch schließt sich ..."
„Das ist ökologisch korrekt, Onkel," meinten die drei Großneffen, „aber mit was wird die Erfindung angetriebenen, Onkel?“ „Mit Faulgas," antwortete Daniel Düsentrieb startbereit. Die drei Cleverle sahen einander fragend an ... „Pupse", meinte Tick nach einer Weile. „Alles Natur, Kinder! Alles Natur!" sagte der Onkel eifrig. „Wieviele Chinesen gibt es?" fragte Tick, der begriffen hatte „Aber es verbrennt alles geruchlos ohne Rückstände!" rief Herr Düsentrieb und begann wie ein Heupferd durch den Geldspeicher zu hüpfen. Hopp und surr, hopp und surr.

When Uncle Scrooge was hoarding air

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Published in: newspaper LOBBY / lobster


 

„Wovon lebt Gustav eigentlich?“ fragte Onkel Dagobert beim Abendessen (Ihr kennt sie ja, die reichste Ente der Weit).
Während Donald anfing, darüber nachzudenken, wovon sein lockerer Vetter Gustav lebt, und dazu angestrengt an die Decke starrte, zog der große Onkel auf dem Salatblatt den Fleischklops von Donaids Teller auf seinen eigenen hinüber. Und als Donald endlich antwortete „Ich glaube, er lebt von Luft und liebe“, hatte Onkel Dagobert den Cheeseburger schon aufgegessen. Und Donald betrachtete verwirrt seinen leeren Teller. So ist es, wenn man einen Großkapitalisten am Tisch hat.
Gustav: das ist der schöne Mann der Familie. Er hat die himmlischsten Manieren und eine fabelhafte Figur und tanzt göttlich. Alle paar Minuten zieht er einen silbernen Taschenspiegel heraus und betrachtet seine blonde Tolle, drückt sie a Ia Elvis und fingert dann an seiner Fliege. Und wenn er gelangweilt seine polierten Fingernägel mustert und dazu solche Sachen sagt wie „Bei meinem sprichwörtlichen Glück habe ich das nicht nötig!“, ärgern sich alle. Gustav ist tatsächlich ein Glückspilz. Weder muß er Tag und Nacht Taler zählen wie Onkel Dagobert, noch wie sein Vetter Donald irgendeine blöde Arbeit annehmen, um drei kleine Erpel zu ernähren. Gustav ist alleinstehend und unabhängig, und sein eigener Herr. Wenn andere etwas suchen, er· findet es und streicht den Finderlohn ein. Bei Preisausschreiben, man kann es nicht mehr hören: Erster Gewinner immer Gustav. Einmal war er lottokönig. „Geld“, sagt er lächelnd, „ist zum Ausgeben da". Nie hat man ihn wie Donald bei dem steinreichen Onkel Dagobert Taler putzen sehen.
„Dieser verschwenderische Lackaffe“ knurrte Onkel Dagobert. „Was soll denn das überhaupt heißen: ,von Luft und Liebe leben'?“ (Von Liebe! Die Enten hatten den alten Onkel in seiner Jugend schamlos ausgenommen. Einmal hatte er einer rassigen Bekassine 1 großes Cola plus 1 Doppelten Hamburger plus 1 großes Eis bezahlen müssen, weil die sagte, sie schreit ganz laut, wenn er nicht blecht. Er hatte von Enten die Nase voll. Nur Talerliebe trug Zinsen.) Als Onkel Donald sich am Kopf kratzte und keine Antwort wußte, rutschten I Tick, Trick und Track vom Stuhl und watschelten ins Kinderzimmer, wo sie ihr Pfadfinderhandbuch aufbewahren, in dem so ziemlich alles steht, was eine Ente wissen muß.
„Es ist eine Redensart, Onkel Dagobert“, erklärten sie, als sie nachgesehen hatten, im Chor: „Es soll heißen, daß jemand zum leben nicht viel braucht“ „So? Eine Redensart, meint ihr“, sagte der Onkel, „d.h. nichts dahinter!“
Doch der Gedanke, daß Gustav tatsächlich von Luft leben konnte, ließ dem Onkel keine Ruhe. Denn er war der Ansicht, daß jedem Wort auch etwas in der praktischen Wirklichkeit entsprechen müßte, etwas, das man anfassen, sehen, hören oder riechen kann. Redensarten mit nichts dahinter (z.B. „Morgenstund hat Gold im Mund": und wo ist nun das Gold?) waren für Onkel Dagobert „pffft“ und er benutzte zur Unterstreichung dieser Auffassung ein ziemlich ordinäres Wort aus seiner Goldgräberzeit. Aber er wäre nicht die reichste Ente der Weit, wenn er je irgendwann, irgendwo, irgendwas aufgegeben hätte.
„Biologisch gesehen lebt Gustav zweifellos von Luft“, grübelte der Große Onkel weiter und blickte' unwirsch über seinen Zwicker. „Wie du selber auch“, bemerkte Tick sehr 'richtig. „Und auch Onkel Donald und Oma und Tante Daisy“, sagte Trick. „Auch Hunde“, überlegte Track. „Wenn man mit einem , Hund gassi geht, kann es sein; daß man dieselbe Luft einatmet, die der Hund schon drinhatte“, meinte Tick. „Du Ferkel!“ rief Onkel Donald und knallte den Löffel auf den Tisch. „Oder du atmest die Luft ein, die schon ein Auto drin hatte,'; ergänzte Trick, „im Vergaser". „Oder ein Generaldirektor ' atmet die Luft von seinem Chauffeur ein,, der dieselbe Luft von einem Tankstellenwärter hat. Und der hat sie vielleicht von einem Chinesen,“ spann Tick diesen interessanten Zusammenhang weiter. „Von einem Chinesen?“ fragte der Große Onkel. „Klar, und der hat sie von Millionen anderer Chinesen.“ „Milliarden Chinesen!“ korrigierte Trick. „Milliarden!“ wiederholte der alte Onkel mit glänzenden Augen, denn das war ja sein Gebiet. „Kurzum: die Luft ist ziemlich verbraucht,“ meinte Track. „Jeder hat sie sich schon mal durch die Nase gezogen.“ „Gute Luft ist ziemlich selten“, sagte Tick, „wenn soviel geatmet und rumgestunken wird, logo". „Sie wird immer weniger, je mehr Leute ...“ sagte Track. „Wo rennst du denn so plätzliich hin, Onkel Dagobert?“ fragte Donald. „Es gibt noch Eis mit Himbeeren!“ Der Große Onkel hatte seinen Zylinder aufgestülpt und war schon aus der Tür. Für ihn war dieses Gespräch nämlich hochzasterös. Wieso? Saubere Luft wird .,knappes Gut“, wie die Volkswirtschaftler das nennen! Das heißt: etwas, das immer weniger wird und darum immer kostbarer; Die Menschen dagegen werden immer zahlreicher und alle brauchen das, was immer weniger wird, zum Leben. Als Immobilienmann kannte Mr. McDuck diesen angenehmen Zusammenhang allerbestens: immer mehr Menschen, immer weniger Raum, Miete in die Höh. Wie lebt man also von Luft? Wie Gustav? Nein! .,Indem man sie verkauft, natürlich!“ flüsterte die Finanzente sich selber und rieb sich geistig die Hände: ln des Onkels Knopfäuglein glimmte das $-Zeichen, das Signal, daß er alsbald durchstarten würde.
Als. Mr. McDuck im obersten Stock seines Geldspeichers angekommen war, feuerte er den Zylinder auf den Haken, stürzte ins Direktionszimmer, warf sich in den Bosse!*, drückte den Knopf des Diktierapparats und krächzte nach Konzernherrnart:
„Projekt Nr. 1.473.387:
0) Reine Luft wird ein knappes Gut.
1) Feststellen, wo die Restluft am reinsten oder würzigsten ist
(z.B. Mount Everest, Wüste Gobi, Hinterbürzelbachhausen)!
2) Bergluft, Seeluft, Landluft komprimieren und auf nichtrostende Dosen ziehen!
3) Dosen mit Luftsorte kennzeichnen und in Stollen kühl lagern!
4) Warten bis Weltluftmangel ausbricht!
5) Luft verkaufen. Höchstpreise!!
gez. Dagobert Duck
„1 Glas Ducksburger Leitungswasser!“ schrie McDuck in die Sprechanlage. Dann legte der vorausschauende Konzernstratege die Füße auf den Tisch. Er war nicht unzufrieden. Man konnte sich eine Kleinigkeit gönnen. Als Unternehmer muß man Pflöcke in die Zukunft schlagen. Seinen Claim im nächsten Jahrtausend abstecken. Arbeitsplätze schaffen! Mit der Vorstellung, daß vier, nein, fünf Milliarden** Chinesen „Ducks feine Dosenluft, Erste Pressung“ nasenweise schlürften, wartete er auf das leise Eintreten seines alten Kammerdieners John Beakmore.

* Boss-Sessel 
** sechs Milliarden