Modi des Minimierens

Galerie Gisela Clement. Bonn

4. November – 22. Dezember 2016
Midissage: 24. November 2016

Kirstin Arndt
Joachim Bandau
Erwin Bechtold
Andreas Exner
Allan McCollum
Susanne Paesler
Janet Passehl
Martin Pfeifle
Charlotte Posenenske
Franziska Reinbothe
Michael Reiter
Gerwald Rockenschaub
Peter Roehr
Rob Scholte
David Semper
Sara Sizer
Andreas von Ow
Herbert Warmuth
Anita Stoehr-Weber
Martina Wolf

Ausstellungsansicht. Charlotte Posenenske. Galerie Gisela Clement. Bonn. 2016

 
 
Modi des Minimierens Die 5. Ausstellung in der Reihe zur Reduktion in der Kunst soll verschiedene Aspekte des Minimierens thematisieren: reduzierte Arbeitsmethode, reduzierte Form, reduzierter Inhalt, reduzierte Größe, reduziertes Gewicht, reduziertes Material und reduzierte Farbe. Die Ausstellung ist damit keiner von außen gesetzten Thematik unterstellt, sondern thematisiert eine einzige gemeinsame Dimension, die allen Exponaten innewohnt. Deren künstlerische Besonderheit bleibt im Übrigen unberührt.
Das Reduzieren ist ein fundamentaler Akt in jedem Zusammenhang der Alltagswelt. In Technik, Ökonomie, Wissenschaft und Sprache spielt das Redu­­zieren eine positive Rolle und ist ein wichtiges Element jeder rationalen Konstruktion. In der Kunst dagegen haftet dem Minimieren eine riskante
Nega­tivität an. Das liegt daran, dass die nach Autonomie strebende Kunst sich traditionell gegen den Alltag abgrenzt (Lokalisierung, Sockel, Rahmen), der den Bereich der Nicht-Kunst darstellt, des künstlerisch Ungestalteten, des bloßen Materials. Dieser Steinbruch ist aus der Perspektive der Selbstbestimmung ohne Bedeutung: er ist künstlerisch bedeutungslos oder – radikal formuliert – das Nichts. Anspruchsvolle Kunst bescheidet sich allerdings nicht, auf dem gesellschaftlich zugewiesenen Terrain zu operieren, sondern sucht die Selbstbestimmung auszuweiten und ihre Grenzen in den Alltag auszudehnen. So werden die Reduktionen in der Kunst bis zum Gehtnichtmehr vorangetrieben. Tatsächlich implizieren sie tendenziell das Verschwinden des Kunstwerks, etwa durch die Vergänglichkeit des Materials. (Einige Künstler arbeiteten mit Eis, andere mit Rauch oder Schimmel.) Die in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts entstandene Concept Art ist gänzlich immateriell. Kunst spielt sich weitgehend im Kopf ab.
Die Entgrenzungstendenz macht diese Art von Kunst riskant. Der Verzicht auf Details lässt reduktive Kunst zwar lapidar, aber arm erscheinen. Im Unterschied zu komplexen, detailreichen Kunstwerken von einer tendenziell opulenten Fülle bewegt sich die reduktiv orientierte Kunst – wie gesagt – stets an der Grenze zum Nichts, und die Künstler geben, wenn sie weiter nicht gehen können, mitunter die Kunst sogar auf. (Dazu hat das Wiener Mumok unter dem Titel „Kurze Karrieren“ 2003 eine eigene Ausstellung gemacht.)
Das paradigmatische Beispiel für die Reduktion der Arbeitsmethode ist Duchamps berüchtigtes Urinoir, das er bloß umdrehte, signierte und 1917 ausstellte. Erfunden war die Methode des ready-made, mit der fortan Künstler Alltagsgegenstände weitgehend unverändert als Kunst ausstellten oder in das Kunstwerk integrierten. Diese Arbeitsmethode ist zwar theoretisch komplex, aber praktisch sehr einfach. Burkhard Brunn

Ausstellungsansicht. Peter Roehr, Michael Reiter. Galerie Gisela Clement. Bonn. 2016

Peter Roehr
1962
Rote Punkte (Schreibmaschine)
5 x 5 cm

Susanne Paesler
1996
Lack auf Aluminium
120 x 180 cm

Michael Reiter
Swinging Geometry
2010
Carbon
100 x 300 cm

Andreas Exner
Rock
2014
Gelber Stoff
ca. 80 x 40 cm

Martina Wolf
BUCH
Frankfurt am Main. 2014
HD Video
Quicktime Movie H.264
1920 x 1080 px or 1600 x 1200 px / 25p
Mute. 45 min. Loop

Erwin Bechtold
1977
Bleistift, Acrylfarbe, Zeichenkarton
17,5 x 28 cm

Herbert Warmuth
2015
Weißer Stoff
Aludibond
115 x 100 cm

Martin Pfeifle
2010
Transparentpapier, beidseitig lackiert und gefaltet
100 x 70 cm

Ausstellungsansicht. Janet Passehl, Andreas von Ow, Martin Pfeifle. Galerie Gisela Clement Bonn. 2016
Janet Passehl
2014
Schwarzes Plike Papier
je 72 x 102 cm

Andreas von Ow
Glasscherben (grün), Kasein, auf gefundenem Glas
158,5 x 40 cm

Joachim Bandau
Form
2008
Beton

Allan McCollum
Plaster Surrogates
1982–1990
Gips, Farbe
Satz von fünf unterschiedlich großen Flächen

Gerwald Rockenschaub
2015
Graues und schwarzes Acrylglas
Metallschrauben, Unterlegscheiben
90 x 90 cm

Franziska Reinbothe
Ohne Titel
2015
Acryl auf Leinwand

David Semper
2016
Alabaster, gebrannt, in die Wand eingeputzt

Kirstin Arndt
Ohne Titel. (Bodenarbeit)
2015
Edelstahl (1 mm), pulverbeschichtet
4-teilig, je Modul 120 x 40 x 40 cm
Anordnung variabel

Anita Stöhr-Weber
2013
Digitaler Pigmentdruck
111,8 x 163 cm

Rob Scholte
2007
Stickerei
41 x 75 cm

Sara Sizer
2015
Samt auf Holzrahmen
110 x 90 cm

Ausstellungsansicht. Charlotte Posenenske. Vierkantrohre Serie D. Galerie Gisela Clement. Bonn. 2016